Finanzierungen: fix oder variabel? - Analysebrief Nr. 324

  • Historisch niedrige Zinsen: Die Nachfrage nach Krediten steigt
  • Experten empfehlen häufig, beim Abschluss von Krediten eine fixe Verzinsung zu wählen, um sich das tiefe Zinsniveau für lange Zeit zu sichern. Fixzinskredite befinden sich daher auf dem Vormarsch
  • Planrechnungen zeigen, dass fixverzinste Kredite - trotz des aktuellen Niedrigzinsumfelds - nicht grundsätzlich günstiger als variabel verzinste Kredite sind
  • Ungewisse Entwicklung: Die Entwicklung des Zinsniveaus ist schwierig zu prognostizieren. Dass die Zinsen steigen werden, scheint klar. Aber wie schnell und wie hoch? - Dies hat für einen langfristigen Kreditnehmer große Auswirkungen
  • Qual der Wahl: Bei Fixzinskrediten muss aktuell eine höhere Verzinsung in Kauf genommen werden, als dies bei einem variablen Kredit der Fall wäre. Neben der Zinsentwicklung sind noch weitere Faktoren für die Entscheidung relevant
  • Bei absehbarer vorzeitiger Rückzahlungsmöglichkeit bieten variabel verzinste Kredite Vorteile

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Schoellerbank Analysebrief Nr. 324162 KB

Wer vor einer größeren Anschaffung - zum Beispiel dem Erwerb einer Eigentumswohnung - steht, muss häufig aufgrund nicht ausreichender Eigenmittel auf eine teilweise oder vollständige Fremdfinanzierung zurückgreifen. Dabei stellt sich neben vielen anderen Fragen auch jene, ob beim zugrunde liegenden Zinssatz eine variable oder fixe Variante gewählt werden soll.
In jüngster Vergangenheit war vermehrt über die Vorteile von Fixzinskrediten zu lesen. Mit diesen, so der Grundtenor, könne man sich das aktuell historisch tiefe Zinsniveau für Jahre sichern und zudem eine Planungssicherheit hinsichtlich der Ratenzahlungen erreichen.

Fixzinskredite am Vormarsch

Diese Botschaft ist - so scheint es - bei den Kreditnehmern angekommen. Wie aus einer von der Österreichischen Nationalbank im März 2017 veröffentlichten Aussendung zu entnehmen ist, stieg Ende 2016 der Anteil bei Neukrediten mit einer Zinsbindungsfrist von länger als fünf Jahren auf 35%. In den Jahren zuvor lag der Anteil durchwegs deutlich unter 10%. Dies spiegelt auch die traditionelle Situation in Österreich wider: Wer sein Eigenheim in der Vergangenheit finanziert hat, tat dies in der Regel mit einem indikatorgebundenen, also variabel verzinsten, Kredit. Dabei unterscheidet sich die Situation in Österreich von jener in Deutschland, wo der Anteil von Fixzinskrediten immer wesentlich höher war.

Historisch tiefe Zinsen - wie lange noch?

Variabel verzinste Kredite sind in der Regel an den 3-Monats-Euribor als Indikator gebunden. Dieser ist in der Tat schon seit längerem auf einem historisch, nie zuvor gesehenen, tiefen Niveau. Zu diesem wird, je nach Konditionen der jeweiligen Bank und der Bonität des Kreditnehmers, ein Aufschlag addiert. Im Gegensatz dazu wird beim Fixzinskredit der Zinssatz schon zu Beginn des Kreditvertrags festgesetzt und bleibt für die vereinbarte Zinsbindungsdauer unverändert.

Historische Entwicklung 3-Monats-Euribor

Quelle: Bloomberg – Die vergangene Kursentwicklung ist kein zuverlässiger Indikator für die Zukunft.

Eines scheint klar: Irgendwann werden die Zinsen wieder steigen. Die Frage ist nur wann und in welchem Ausmaß? Wer jetzt einen Kredit mit fixen Zinsen abschließt, der zahlt zunächst einen Wert, der über dem aktuellen variablen Zinssatz liegt. Dieser fixe Zins spiegelt die Erwartungen des Marktes für die zukünftige Entwicklung wider. Wichtig für die Einschätzung, welche Variante die günstigere ist, ist daher auch die momentane Differenz zwischen der fixen und der variablen Verzinsung. Diese Differenz ist aktuell nicht sehr groß, da sich auch die Fixzinskredite, laut der Aussendung der Österreichischen Nationalbank, auf einem historisch tiefen Niveau befinden. Das bedeutet - anders interpretiert - dass schon ein relativ geringes Ansteigen des Zinsindikators ausreicht, um die variable Verzinsung auf das Niveau des aktuell fixen Satzes anzuheben.
Ein variabel verzinster Kredit ermöglicht jedoch im Moment, von diesem historisch tiefen Niveau direkt zu profitieren. Solange der Indikatorsatz auf einem ähnlich niedrigen Niveau wie aktuell bleibt, bleibt auch die Zinsbelastung und somit die Kreditrate entsprechend niedrig.

Fixe oder variable Zinsen? - die Qual der Wahl

Ein variabler Kredit hat neben der aktuell sehr geringen Zinsbelastung noch einen weiteren Vorteil: vorzeitige (Teil-)Tilgungen sind ohne Weiteres und in jeder Höhe möglich. Jedoch ist hier auch grundsätzlich zu unterscheiden, ob es sich um einen hypothekarisch besicherten oder unbesicherten Verbraucherkredit handelt. Dieser Unterschied wird an dieser Stelle aber nicht weiter vertieft. Bei Fixkrediten muss hingegen generell eine Kündigungsfrist eingehalten oder eine Vorfälligkeitsentschädigung entrichtet werden. Wer also noch über Reserven verfügt oder diese in Zukunft erwarten kann (z. B. aus einer Erbschaft), ist wahrscheinlich mit einem variablen Kredit besser beraten.
Aber: Die monatlichen Raten des variablen Kredits steigen, wenn der zugrunde liegende Indikator steigt. Gemäß den Vereinbarungen werden - in gewissen zeitlichen Abständen, meist quartalsweise - die Ratenzahlungen angepasst. Ein schnelles, sehr starkes Ansteigen des 3-Monats-Euribor hätte daher für die Kreditnehmer eine unmittelbare Auswirkung auf die Ratenhöhe. Dies sollte bei der Wahl der Höhe und Laufzeit des Kredites unbedingt einkalkuliert werden.
Wer sich über einen Fixzinskredit das historisch tiefe Niveau sichert, hat demgegenüber den Vorteil, den zukünftigen Zinssteigerungen gelassen entgegensehen zu können. Damit ist garantiert, dass im Zeitraum der Zinssicherung die Raten nicht steigen. Es ergibt sich somit ein fixer und damit planbarer Rückzahlungsverlauf.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die höhere Zinsbelastung bei einem Fixzinskredit auf die gesamte Kreditlaufzeit auswirkt. Dagegen haben eventuelle spätere Zinserhöhungen bei einem variablen Kredit nur noch auf den dann bereits - durch die zwischenzeitlichen Tilgungen - verringerten Saldo eine negative Auswirkung. Ist der variable Kredit jedoch endfällig, wirken sich die Zinserhöhungen zumindest nicht auf die gesamte Kreditlaufzeit aus. Wie groß dieser Effekt ist, hängt natürlich von der Höhe und dem Zeitpunkt der Zinssteigerungen und der Gesamtlaufzeit des Kredites ab. Bei kürzeren Kreditlaufzeiten verringert sich der offene Saldo viel schneller als bei sehr langen Laufzeiten.
Je länger der Zinsbindungszeitraum, desto höher ist der Aufschlag auf den aktuellen Zins. Es wird jetzt eine "Prämie" bezahlt, die einen in der Zukunft vor höheren Zahlungen schützt. Gerade im aktuellen Niedrigzinsumfeld ist es ein wenig schmerzlich, "freiwillig" mehr zu bezahlen, als bei variabler Verzinsung notwendig wäre. Zu verlockend sind wohl oft die geringen Zinsen bzw. Raten und die Hoffnung, dass diese noch für längere Zeit auf diesem Niveau verbleiben.
Ob die Wahl der fixen oder variablen Verzinsung die günstigere Variante war, kann natürlich erst am Ende der Laufzeit (im Nachhinein) mit Sicherheit festgestellt werden. Bis dahin können Planrechnungen auf Basis der aktuellen Konditionen und von Zinsprognosen und -erwartungen erstellt werden.

Die (erwartete) Zinsentwicklung ist nicht der einzige relevante Faktor

Schon für Experten ist es nahezu unmöglich, die Entwicklung des Zinsgefüges bzw. des relevanten Indikators (in der Regel der 3-Monats-Euribor) einigermaßen exakt vorherzusagen. Für den Laien ist es daher in der Praxis sehr schwierig, sich eine differenzierte "Zinsmeinung" zu bilden.
Vor allem aufgrund der üblicherweise langen Laufzeiten bei Wohnbaukrediten - von 20 Jahren und mehr - ist eine halbwegs exakte Prognose kaum möglich. Während eines derart langen Zeitraumes kann es durchaus dazu kommen, dass die Zinsen zunächst ansteigen, später aber wieder sinken. Theoretisch wäre es sogar denkbar, dass die Zinsen noch weiter ins Negative fallen - vielleicht nicht jetzt, aber später. Dies scheint aus heutiger Sicht jedoch wenig realistisch, doch wer hätte vor 20 Jahren mit der aktuellen Entwicklung gerechnet?
Planrechnungen können ein gutes Gefühl dafür geben, wie stark bzw. rasch die Zinsen ansteigen müssen, damit die variable Variante genauso teuer oder teurer wie der entsprechende Fixzinskredit wird. Wichtig ist auch, im Vorhinein zu berechnen, wie hoch die Rate bei einem Ansteigen des Indikators wird. So kann abgeschätzt werden, ob die monatliche Rückzahlung noch problemlos erfolgen kann.

Beispiel einer Planrechnung:

Zur Finanzierung einer Investition soll ein (Verbraucher-)Kredit über 200.000 Euro mit einer Laufzeit von 20 Jahren aufgenommen werden. Die finanzierende Bank bietet einen Fixzinssatz von 1,9% auf die ersten zehn Jahre oder alternativ einen variablen Zinssatz basierend auf den 3-Monats-Euribor zuzüglich einem Aufschlag von 1,2%.
Der 3-Monats-Euribor liegt derzeit bei etwa -0,33%, zuzüglich des Aufschlages von 1,20% ergibt dies einen variablen Kreditsatz (bis zur nächsten Zinsanpassung) von 0,87%. Daraus resultiert, im Vergleich zum fixen Zinssatz von 1,9%, ein Zinsvorteil von über 1,0% auf den anfänglich aushaftenden Kreditsaldo. Wir gehen in unserer Planrechnung (siehe auch Grafik weiter unten) davon aus, dass die Tilgungsersparnis - also die geringeren Rückzahlungsraten gegenüber der Fixzinsvariante - als zusätzliche Tilgungsmöglichkeit berücksichtigt wird und die Restschuld verringert. Somit können nach zehn Jahren (= Ende der Zinsbindungsfrist) die Restschuld und die Tilgungssumme der beiden Varianten (fix bzw. variabel) gegenübergestellt werden.
Nach zehn Jahren, bei der unterstellten fixen Verzinsung (ohne Berücksichtigung anderer Faktoren wie z. B. Kosten/Gebühren), liegt die kalkulierte Restschuld des Darlehens bei rund 109.400 Euro. Demgegenüber steht in einem Szenario der variablen Verzinsung auf Basis des 3-Monats-Euribor (zzgl. Aufschlag von 1,2%) mit moderaten Zinsanstiegen von jährlich 0,10% eine Restschuld von ca. 104.300 Euro abzüglich einer Zahlungsersparnis von 4.000 Euro, die ebenfalls für die Tilgung verwendet werden kann. In Summe ergibt dies eine Restschuld von rund 100.300 Euro. Das wäre demnach ein deutlicher Vorteil von ca. 9.100 Euro für den variabel verzinsten Kredit.
Hierbei wurde ein sehr moderater Zinsanstieg von jährlich 0,10% unterstellt (Anstieg des 3-Monats-Euribor von aktuell -0,33% auf 0,7% in den nächsten zehn Jahren). Jedoch ist auch bei einem jährlichen Anstieg von 0,2% bis letztendlich auf 1,5% nach zehn Jahren noch ein Tilgungsvorsprung von etwa 3.800 Euro bei einem variablen Kredit gegeben. Erst bei einem stärkeren oder schnelleren Anstieg des 3-Monats-Euribor würde die fixe Verzinsung vorteilhafter sein. Beispielsweise ergibt sich bei einem jährlichen Zinsanstieg von 0,3% bis auf 2,4% des 3-Monats-Euribor ein Tilgungsnachteil von rund 2.500 Euro zulasten des variabel verzinsten Kredits.

Planrechnung fixer und variabel verzinster Kredite (3-Monats-Euribor):

Quelle: Schoellerbank, eigene Berechnung, Angaben in Euro

Fazit

Wer über keine verlässliche Glaskugel verfügt, kann leider erst im Nachhinein mit Sicherheit feststellen, ob die fixe oder variable Variante die günstigere gewesen wäre. Dennoch: Die allgemeine Annahme, dass im aktuellen Zinsumfeld fixverzinste Kredite grundsätzlich günstiger sind, kann durch Planrechnungen nicht bestätigt werden. Die eigene Erwartung an die Entwicklung der Zinsen ist natürlich von großer Bedeutung. Einige weitere Faktoren sind bei der Entscheidungsfindung aber ebenso relevant: Wie groß ist der finanzielle Spielraum, um auch stärkere, plötzliche Erhöhungen der Rate verkraften zu können? Sind größere Einkünfte absehbar, um eventuell Sondertilgungen vorzunehmen? Falls ausreichend weiteres Vermögen für etwaige schnelle Sondertilgungsleistungen verfügbar ist, dann hat eine variable Verzinsung durchaus ihre Vorteile. Im Falle eines raschen Zinsanstiegs kann hierbei nämlich durch eine vorzeitige Tilgung des Kredits, die, durch die erhöhte Tilgungsleistung zu Beginn erwirtschaftete, Zahlungsersparnis realisiert werden.
Wer jedoch ein starkes sowie rasches Ansteigen der Zinsen erwartet, eine hohe Planungssicherheit bevorzugt und über kein weiteres Vermögen verfügt bzw. auch kein Sondereinkommen erwartet, ist mit einer fixen Verzinsung besser beraten. Alternativ kann der Finanzierungswunsch mit einem variablen und einem fixverzinsten Kreditanteil erfüllt werden.

Autor: Mag. (FH) Stefan Kerschbaumer, CFP® Wealth Advisory - Financial Planning & Specific Investments Schoellerbank AG Tel. +43/662/86 84-2391
Rückfragen bitte auch an: Marcus Hirschvogl, BA Pressesprecher Schoellerbank AG Tel. +43/1/534 71-2950 1010 Wien, Renngasse 3

Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs, die als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage gilt. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Vorsorgemanagement. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto "Investieren statt Spekulieren". Die Schoellerbank ist mit 10 Standorten und 317 Mitarbeitern die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für private und institutionelle Anleger ein Vermögen von mehr als 11 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria.
Mehr Informationen unter: www.schoellerbank.at

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