Emerging Markets: Vom Highflyer zum Buhmann? - Schoellerbank Analysebrief Nr. 250 April 2014

  • Ein Blick in den Rückspiegel zeigt deutlich, wie gut sich Aktien in den Emerging Markets in den letzten zehn Jahren entwickelt haben. Allerdings kam der Motor zuletzt gehörig ins Stottern.

  • Generell betrachtet haben zahlreiche Schwellenländer Probleme mit ihrer Leistungsbilanz. Aufgrund zum Teil hoher Devisenreserven hat sich der Puffer für wirtschaftlich schwächere Phasen enorm ausgeweitet und viele Staaten sind daher deutlich krisenresistenter als noch in den 1990er-Jahren.

  • Mittelfristig wird die Entwicklung der Schwellenländer auch davon abhängen, wie sich die einzelnen Staaten auf steigende Zinsen in den Industrieländern und ein allmähliches Ende des billigen Geldes einstellen werden.

  • Zahlreiche Argumente sprechen für eine Berücksichtigung der Emerging Markets im Portfolio. Sollte die wirtschaftliche Entwicklung weiter voranschreiten, dann erscheinen auch an den Aktienmärkten gute Ergebnisse denkbar, wobei aber temporär immer mit hohen Kursschwankungen zu rechnen ist.

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Rückblick Emerging Markets-Aktien sind eine Assetklasse, die in der Vergangenheit oftmals erhöhten Wertschwankungen ausgesetzt war. Aufgrund der ausgezeichneten Entwicklung bis Mitte 2011 traten diese durchaus beachtlichen Risiken für so manchen Marktteilnehmer etwas in den Hintergrund.

Quelle: Morningstar Direct. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

Der Blick in den Rückspiegel zeigt deutlich auf, wie gut sich Schwellenländer-Aktien in den letzten zehn Jahren entwickelt haben. Dabei fiel die Wertsteigerung im MSCI Emerging Markets Index mit fast 10% pro Jahr deutlich höher aus, als in den entwickelten Märkten, wo annualisiert rund 6,75% verdient wurden. Hohe Wachstumsraten, gepaart mit üppigen Nettomittelzuflüssen, sorgten bis Mitte 2011 für gute Stimmung und gehörigen Rückenwind.

Quelle: Aberdeen Asset Management

Allerdings kam der Emerging Markets-Zug danach gehörig ins Stottern. Über drei Jahre betrachtet notiert der Markt nunmehr sogar leicht im negativen Terrain, während der MSCI World im selben Zeitraum knapp 10% pro Jahr zulegte. Die Gründe dafür sind hinlänglich bekannt. Beispiele sind unter anderem die Abschwächung der Wachstumsraten Chinas, die suboptimale politische Situation in Russland, der Türkei bzw. Thailand und schwächelnde Wirtschaftsdaten aus Brasilien. Darüber hinaus kündigte die US-Notenbank im Sommer 2013 ein allmähliches Zurückfahren ihres Anleiheaufkaufprogrammes an. Viele Marktteilnehmer sahen sich zur Reduktion ihrer Schwellenländer-Aktienpositionen veranlasst (siehe Grafik). Vor allem hat sich deutlich gezeigt, dass die Börsen der Schwellenländer immer noch sehr stark von westlichen Geldflüssen abhängig sind. Kommen Auslandsinvestitionen ins Stocken, so hat dies deutlich negative Auswirkungen auf deren Entwicklung.

Quelle: Aberdeen Asset Management

Aktuelle Situation im Vergleich mit den 1990er Jahren Generell betrachtet offenbaren zahlreiche Schwellenländer Probleme mit ihrer Leistungsbilanz. Wie in der Grafik erkennbar, haben sich diese seit 2007 deutlich eingetrübt. Speziell Staaten ohne oder mit nur geringem Rohstoffexport haben Schwierigkeiten und verzeichnen deutliche Defizite. Dazu zählen beispielsweise die Türkei, Indonesien und Indien. Diese Tatsache beschränkt naturgemäß den wirtschaftlichen Handlungsspielraum und führt darüber hinaus zu einer stärkeren Abhängigkeit gegenüber der Weltwirtschaft. Indien ist sehr stark vom globalen Ölpreis abhängig, da das Land trotz eigener Produktion per saldo erheblichen Importbedarf aufweist. Durch den großen Kapitalabfluss verloren die Währungen dieser Staaten gegenüber dem US-Dollar zum Teil deutlich an Wert. Durch diese Abwertung entsteht ein weiteres Problem: Importe verteuern sich und damit kommen Länder, die stark auf Rohstoffe angewiesen sind, zusätzlich unter Druck. Daraus könnte sich eine gefährliche Abwärtsspirale entwickeln. Um dieser gegenzusteuern haben mehrere Länder zum Teil massive Leitzinserhöhungen vorgenommen (siehe Grafik). Allerdings sind auch diese mit negativen Nebenwirkungen behaftet. Aktuell ist Vorsicht geboten, speziell wenn Länder zusätzlich zu einem Leistungsbilanzdefizit auch noch ein Haushaltsdefizit ausweisen. Im Fachjargon wird dann von einem "Zwillingsdefizit" gesprochen. Laut Internationalem Währungsfonds sind davon 2013 neben der Türkei auch Südafrika und Indien betroffen. Investoren sind diesen Ländern gegenüber derzeit besonders zurückhaltend.

Quelle: Bloomberg. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung

Dennoch ist die aktuelle Situation nicht mit der Asien-Krise der 1990er-Jahre vergleichbar. Damals waren nicht nur die Leistungsbilanzen wesentlich schlechter als aktuell, sondern es herrschte auch noch das Regime der starren Wechselkurse mit einer zu geringen Deckung durch Devisenreserven. 1997 hob Thailand die Kopplung des Bhat an den US-Dollar auf. In Folge gab die Währung um fast 20% nach und löste eine massive Kapitalflucht aus. Die Auswirkungen waren auch in den Nachbarländern Südkorea, Singapur, den Philippinen, Malaysia und Indonesien deutlich spürbar. Der Wachstumsprozess der Emerging Markets wurde und wird größtenteils von einer regen Exportwirtschaft befeuert. Zahlreiche Schwellenländer wandelten sich vom Kapitalnehmer zum Kapitalgeber. Verfügten die aufstrebenden Staaten noch Mitte der 1990er-Jahre lediglich über 30% der globalen Devisenreserven, so sind es derzeit knapp 70%. Damit hat sich der Puffer enorm ausgeweitet und in wirtschaftlich schwächeren Phasen sind viele Staaten daher deutlich krisenresistenter.

Ausblick - Asien aus Sicht der Schoellerbank mit größtem Potenzial Mittelfristig wird die Entwicklung der Schwellenländer unter anderem davon abhängen, wie sich die einzelnen Staaten auf steigende Zinsen in den Industrieländern und ein allmähliches Ende des billigen Geldes einstellen werden. In erster Linie wird es wichtig sein, sich für ausländische Investoren attraktiv zu präsentieren. Höhere Zinsen auf Veranlagungen in Lokalwährung könnten ein Anfang sein. Diese Vorgehensweise würde aufgrund von zu erwartenden Mittelzuflüssen die Leistungsbilanz stärken, belastet aber andererseits das Wirtschaftswachstum. Noch wichtiger werden allerdings Strukturreformen sein, um langfristig konkurrenzfähiger zu werden. Einige positive Ansätze sind zu erkennen. So gab China 2013 tiefgreifende Reformen bekannt, deren Ziel es ist, das Land in den nächsten Jahren unabhängiger vom Export zu machen und den Binnenkonsum (auch durch höhere Zinsen auf geparktes Kapital) deutlich zu stärken. Dafür wird kurzfristig auch eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums in Kauf genommen. Darüber hinaus gibt es auch Bestrebungen, den Renminbi stärker an das internationale Währungsgeschehen heranzuführen. Wie das britische Finanzministerium bekannt gab, haben sich die Notenbanken Großbritanniens und Chinas auf ein Abkommen geeinigt. London werde damit der erste Finanzplatz außerhalb Asiens sein, wo Geschäfte mit der chinesischen Währung abgewickelt werden können. Chinas Regierung verfolgt damit die Strategie, die Bedeutung des Renminbi an den internationalen Finanzmärkten nach und nach zu steigern. Es ist durchaus zu erwarten, dass die chinesische Währung in Zukunft weiter deutlich an Relevanz gewinnen wird und mittel- bis langfristig zu einer wichtigen globalen Reservewährung aufsteigen könnte. Auch in anderen Ländern sind positive Schritte erkennbar. In Mexiko wurde beispielsweise neben einer Reform des Arbeitsmarktes eine Modifizierung des Energiemarktes verabschiedet. So ist künftig die Beteiligung in- und ausländischen Kapitals bei der Erschließung und Förderung der lokalen Öl- und Gasvorkommen zugelassen. Unbestritten scheint die Tatsache, dass sich die globale Zusammensetzung des Bruttoinlandsproduktes in Zukunft stärker in Richtung der Schwellenländer verschieben dürfte. Im Jahr 2030 sollte sich der Beitrag der Industriestaaten von aktuell rund 48% in 2010 auf etwa 30% verringern. (siehe Grafik).

Quelle: Franklin Templeton

Aus aktueller Sicht scheinen besonders die asiatischen Aktienbörsen hoch interessant zu sein. Viele negative Entwicklungsszenarien dürften in den derzeitigen Aktienkursen bereits eingepreist sein. Ein Blick auf die Bewertungen zeigt erhebliches Potenzial. Der Markt in Hongkong notiert derzeit beispielsweise bei einem durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis (Schätzung für 2014) von rund 10. Das ist wesentlich günstiger als der Durchschnitt der entwickelten Märkte (EuroStoxx 50 bei circa 13,5 und S&P 500 bei etwa 15,8). Auch im eigenen historischen Vergleich gelten die aktuellen Bewertungsniveaus als äußerst attraktiv. In nachfolgender Grafik ist ersichtlich, wie deutlich der MSCI Hong Kong über den Zeitraum von einem Jahr hinter dem globalen Markt zurückgeblieben ist.

Quelle: Morningstar Direct. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

Wie investieren? Welche Investitionsmöglichkeiten gibt es für den interessierten Anleger? Nur Investoren mit entsprechendem Fachwissen sollten Einzeltitel erwerben, da zum einen der Informationsbeschaffungs-Aufwand erheblich ist und andererseits detailliertes Wissen über die wirtschaftlichen Verflechtungen der Unternehmen unabdingbar sind. Dies erfordert einen nicht zu unterschätzenden zusätzlichen Aufwand. Bei passiven Investments (über Index-Fonds oder Zertifikate) sollte bedacht werden, dass in diesem Fall die Anlage sehr oft in einen nach Marktkapitalisierung gewichteten Index erfolgt. Hier kann es oftmals zu unvorteilhaften Gewichtungen in der Länder- bzw. Branchenallokation kommen. Aussichtsreiche Titel werden dabei genauso berücksichtigt, wie vergleichsweise überteuerte Werte. Darüber hinaus sollte bei Zertifikaten das bestehende Emittenten-Risiko beachtet werden. Am besten für eine Veranlagung geeignet sind demgemäß vor allem aktiv gemanagte Fonds erstklassiger Qualität. Auch hier ist es aber unbedingt notwendig, die Spreu vom Weizen zu trennen. Denn nur die Wahl erstklassiger Produkte eröffnet die Chance auf hervorragende Anlage-Ergebnisse. Spitzenfonds waren in Vergangenheit durchaus in der Lage, relativen Mehrwert zu generieren. Fazit Emerging Markets spielen im Welthandel mittlerweile eine außerordentlich wichtige Rolle. In globalen Aktienindizes, wie dem MSCI AC World, stellen nach wie vor US-Unternehmen mit einem Gewicht von über 50% den Hauptanteil. Hier sollte in den nächsten Jahren weiter eine Verschiebung zugunsten der Schwellenländer stattfinden. Zahlreiche Argumente sprechen für eine Berücksichtigung derselben im Portfolio. Sollte die wirtschaftliche Entwicklung weiter voranschreiten, sind auch an den Aktienmärkten der aufstrebenden Länder wieder gute Ergebnisse zu erwarten. Insofern ist das Szenario durchaus realistisch, dass Emerging Markets über kurz oder lang wieder vom Buhmann zur gefragten Assetklasse mutieren. Bernhard Spittaler, CMP Fondsmanager Schoellerbank Invest AG Tel. +43/662/885511-0

Rückfragen bitte auch an: Mag. Rolf Reisinger, Direktor Kommunikation und Public Relations Schoellerbank AG Tel: +43/662/86 84-2950 5024 Salzburg, Schwarzstraße 32


Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs, die als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage gilt. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Vorsorgemanagement. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto "Investieren statt Spekulieren". Die Schoellerbank ist mit 12 Standorten und 315 Mitarbeitern die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für private und institutionelle Anleger ein Vermögen von rund 9,1 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria. Mehr Informationen unter: www.schoellerbank.at

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