Starke Währung - Fluch oder Segen? - Schoellerbank Analysebrief Nr. 266 März 2015

  • Von der Sehnsucht nach einer stabilen Währung zum Abwertungswettkampf
  • Der Schweizer Franken - sicherer Hafen oder Spekulationsziel?
  • Die Schweiz hat strukturelle Vorteile
  • Die Schweizer Wirtschaft und ihr hartes Trainingsprogramm

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Schoellerbank Analysebrief Nr. 266211 KB

Mit den großen Währungsbewegungen der letzten Wochen ist auch die Diskussion um schwache und starke Währungen einmal mehr ganz oben bei den Diskussionen um angelegtes oder geliehenes Geld. Wir wollen einen Blick zurück werfen und eine Einschätzung zu Währungsentwicklungen anhand des Schweizer Franken geben. Beim Blick zurück kommt man unweigerlich zu einem Knackpunkt der Währungsgeschichte. Mit der Aufgabe des Bretton-Woods-System in den 70er Jahren rückte man von einem System fester Wechselkurse ab. Heute schwanken die großen Weltwährungen aufgrund von Angebot und Nachfrage zueinander. Allerdings intervenieren die Notenbanken, um unkontrollierte Kursbewegungen einzudämmen bzw. um die eigenen Währungs- und Wirtschaftsinteressen zu verteidigen. Seit der Finanzkrise im Jahr 2008 scheint sich die Sehnsucht nach einer stabilen Währung in einen Abwertungswettkampf zu wandeln. Denn plötzlich ist eine starke Währung ein Problem für die Exportwirtschaft und aufgrund von tieferen Importpreisen wächst die Angst, das neu erwachte Gespenst der Deflation ins eigene Land zu holen. Im deutschsprachigen Raum galt eine starke Währung in Zeiten der deutschen Mark als Tugend und Beleg für das Vertrauen in den Wertespeicher der Währung. Sie war der Stolz einer ganzen Nation, an den sich auch der Schilling mit Freude band. Dass eine überaus starke Währung auch eine Herausforderung sein kann, mussten die Schweizer nicht erst in letzter Zeit feststellen. Bereits in den späten 70er Jahren kam es vom Mai 1977 bis September 1978 zu einer starken Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber der Deutschen Mark um 40%. Die folgende Grafik zeigt, wie viel Rappen man pro Deutscher Mark zahlen muss. Je geringer dieser Kurs, desto teurer der Franken.

DEM-CHF Kurs 1977/1978 (fallender Kurs = steigender Franken)

Quelle: Bloomberg. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

Der Franken hatte bereits seit der Freigabe des Frankenkurses Anfang 1973 begonnen zu steigen. Nachdem sich die Bewegung beschleunigte, kündigte die Schweizerische Nationalbank im Oktober 1978 einen Mindestkurs von 80 Rappen pro Deutsche Mark an. Diese Maßnahme war damals erfolgreich und der Kurs blieb bis zur Einführung des Euro in einem relativ stabilen Band zur Mark.

DEM-CHF Kurs 1971 bis Einführung Euro 1999

Quelle: Bloomberg. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

Negativzinsen und unterschiedliche Verbote für ausländische Gelder waren in den 70ern vor Festsetzung des Mindestkurses Ausnahmemaßnahmen und trotzdem nicht von Erfolg gekrönt. Im September 2011 versuchte die Nationalbank das Kunststück von 1978 zu wiederholen und setzte einen Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro fest. Allerdings erfolgten die Maßnahmen nicht gegen eine Hartwährung wie der Mark der 70er Jahre sondern viel mehr gegenüber dem Euro, der ganz unterschiedliche Währungsinteressen unter einem Dach zu vereinen sucht.

Entsprechend baute sich über mehr als drei Jahre ein enormer Druck auf den Schweizer Franken auf, dem die Schweizerische Nationalbank entgegenwirken musste. Marktteilnehmer konnten zwar beobachten wie die Bilanz der Nationalbank anschwoll, aber niemand konnte vorhersehen, wann und auf welche Art die Nationalbank handeln würde. Wir halten Stimmen für falsch, die behaupten, dass Spekulanten die Nationalbank dazu brachten, ihre Mindestkurs-Politik aufzugeben. Keine Spekulantengruppe ist groß genug, um eine Währung oder einen anderen Markt in die Knie zu zwingen. Interessierte Leser können die Silberspekulation der Hunt Brüder im Internet nachlesen. Auch der Angriff gegen das Britische Pfund im Jahr 1992 durch spekulative Marktteilnehmer wie George Soros gelang nur, da die unterliegende fundamentale Kraft in die gleiche Richtung wie die spekulativen Positionen wirkte. Unserer Meinung nach suchte ein wachsendes Kapitalvolumen einen sicheren Hafen. Nicht die Aussicht auf schnelle Spekulationsgewinne war die treibende Kraft, sondern vielmehr die Angst um den Wert des Geldes trieb Anleger zu den Eidgenossen. Und warum auch nicht? Betrachtet man die letzten 50 Jahre, bleibt dem langfristigen Geldanleger nur eine Schlussfolgerung: Die Schweiz muss irgendetwas richtig gemacht haben, um über eine derart lange Periode immer wieder Stärke zu beweisen. Wir haben uns rollende 10-Jahres-Veränderungen des CHF gegenüber DEM bzw. EUR angesehen. Also zum Beispiel die Prozentuelle Veränderung vom 1. März 1985 bis 1. März 1995. Der nächste Balken geht dann vom 2. März 1985 bis 2. März 1995 usw. Dabei sieht man auf einen Blick, dass der Franken über 10 Jahre oftmals viel stärker stieg als er an Wert verlor. Zu Zeiten der DEM gab er in der schlechtesten Periode etwas mehr als 13% ab, stieg aber in der bereits genannten Phase der 70er Jahre im Maximum knapp 60% an. Seit der Einführung des Euro findet man fast keine 10-Jahres Perioden, in denen der CHF an Wert verlor. Und diese lagen bei gerade einmal -5%. Nach oben gab es Wertsteigerungen von bis zu über 50%.

Rollende 10-Jahres-Veränderung DEM-CHF bzw. EUR-CHF

Quelle: Bloomberg mit Berechnung Schoellerbank. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

In Summe lässt sich eines sagen: Der Schweizer Franken blickt auf eine jahrzehntelange Periode der Stärke zurück. Folgende Grafik zeigt vor Euro-Einführung die deutsche Mark (umgerechnet in Euro) und danach den Euro.

DEM-CHF bzw. EUR-CHF Kurs 1971 bis 2015 (fallender Kurs = steigender Franken)

Quelle: Bloomberg. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

Eurostat stellt auch die Währungsrelation zum ECU bis 1975 zur Verfügung (jährliche Daten). Erwartungsgemäß war die Aufwertung des Franken gegen den ECU noch höher.

ECU-CHF bzw. EUR-CHF Kurs 1975 bis 2015 (fallender Kurs = steigender Franken)

Quelle: Eurostat. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

Rein aus dieser quantitativen Betrachtung scheint es wahrscheinlicher, dass die EUR-CHF Relation in 10 Jahren bei 0,80 (eine Aufwertung von 32%) stehen wird als bei 1,60 (eine Abwertung von 34%). Das soll allerdings keine Prognose sein, sondern lediglich eine Ableitung der Vergangenheit. Rein quantitative Betrachtungen sind für uns nie zufriedenstellend. Viel wichtiger ist die Frage nach dem "Warum?". Warum gab es diese Stärke des CHF? Wir glauben, dass die Schweiz strukturelle Vorteile aufweist, die andere Ländern einfach nicht replizieren können und wollen. Und schon gar nicht ein Staatenverbund wie die Europäische Union, die eine Vielzahl von Interessen unter einen Hut bringen muss.

In der Schweiz werden viele wichtige Entscheidungen auf lokaler Ebene getroffen, wodurch potenzielle Fehlentscheidungen nicht das Gesamtsystem bedrohen. Aufgrund der föderalen Organisation des Staates und eines inneren Steuerwettbewerbs werden Staatsraten und Verschuldung in Zaum gehalten. Jede Gemeinde hat ihr "Geldsäckli" im Blick und führt wie die sprichwörtliche schwäbische Hausfrau genau Buch über Einnahmen und Ausgaben. Man glaubt es kaum, in der Schweiz haben die Bürger von Gemeinden auch schon gegen Steuersenkungen gestimmt, weil es nicht im Interesse der Gemeinschaft war. Zusätzlich muss man auch noch morgen den Mitbürgern der Gemeinde ins Auge schauen - dieses gelebte Verantwortungsgefühl unterstützt eine vernünftige und langfristig solide Politik. Das Gegenteil findet man oftmals in den Peripheriestaaten der EU, die jahrzehntelang eine Weichwährungspolitik verfolgten. Ähnlich wie in Raimunds "Der Verschwender" der Schlossherr Julius von Flottwell seine Untertanen beschenkte, wurden die Bürger mit der Einführung des Euro großzügig bedacht. Die noch immer vorherrschende Eurokrise zeigt aber, dass diese Politik weder vor noch nach der Einführung des Euro zu Reichtum und Wohlstand führt. Interessant ist auch die Frage, wie die großen Schweizer Unternehmen mit der fast schon immerzu vorherrschenden Währungsstärke umgingen. Konnten sie ihren Anlegern aus CHF- und auch EUR-Sicht einen Mehrwert bescheren? Wie folgender Chart des Swiss Performance Index ("SPI") zeigt, konnten die Schweizer Unternehmen (aktuell beinhaltet der Index über 300 Unternehmen) inklusive Dividende sowohl in Schweizer Franken wie auch in Euro eine ansprechende Rendite über die mehr als 25 Jahre erzielen und damit Werte für Aktionäre schaffen. Die rote Linie zeigt den SPI in DEM/EUR und die schwarze Linie in der Heimatwährung CHF.

Swiss Exchange Swiss Performance Index - Veränderung in CHF und in EUR

Quelle: Bloomberg. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

Trotz des Gegenwinds einer schier endlos steigenden Währung, schaffte es die Schweiz immer wieder, Produkte und Leistungen anzubieten, die weltweit nachgefragt waren. Es ist, als ob die Schweizer Wirtschaft regelmäßig ein hartes Trainingsprogramm durchläuft, durch das sich immer wieder die Fitness erhöht. Im Jahr 1833 verfasste Ferdinand Raimund das Zaubermärchen "Der Verschwender". Im gleichen Jahr wurde die Schoellerbank gegründet. Solides Wirtschaften und das Wissen ob menschlicher Schwächen begleiten uns also schon sehr lange.

Auch wenn es im Hobellied des Verschwenders in einer Strophe heißt: "Da ist der allerärmste Mann dem Andern viel zu reich, das Schicksal setzt den Hobel an und hobelt alle gleich." glauben wir nicht, dass sich die Währung der reichen Schweiz langfristig an den Euro angleichen wird. Vielmehr würden wir auch für die nächste Dekade auf den Schweizer Franken setzen. Autor: Robert Karas Leiter Asset Management Schoellerbank AG Tel. +43/662/86 84-2692 Rückfragen bitte auch an: Marcus Hirschvogl, BA Pressesprecher Schoellerbank AG Tel. +43/1/534 71-2950 1010 Wien, Renngasse 3 marcus.hirschvogl@schoellerbank.at

Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs, die als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage gilt. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Vorsorgemanagement. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto "Investieren statt Spekulieren". Die Schoellerbank ist mit 12 Standorten und 315 Mitarbeitern die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für private und institutionelle Anleger ein Vermögen von rund 10 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria. Mehr Informationen unter: www.schoellerbank.at

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