Tiefrot - die Welt der Negativzinsen - Schoellerbank Analysebrief Nr. 269 April 2015

  • Negativ: Europäische Zinsen unter Wasser - Keine Besserung in Sicht
  • Negativ: Viele Probleme in und um Europa - Sicherheitsbedürfnis schürt Anleihenblase
  • Doch nicht negativ: Anleihen-Ertrag trotz negativer Renditen
  • Positiv: Lösungsansätze der Schoellerbank - Investieren in schwierigen Zeiten

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Die Details Negativ: Europäische Zinsen unter Wasser - Keine Besserung in Sicht Die Zinsen am europäischen Geldmarkt liegen nahe Null bzw. sind sie sogar negativ. Auch mittlere Laufzeiten liefern keine Rendite mehr. Zehnjährige deutsche Renditen erreichten im April ein Rekordtief bei 0,07%. Noch vor wenigen Jahren undenkbar, scheinen heute negative Zinsen in der Eurozone auch für zehnjährige Anleihen in Reichweite. Und siehe da, außerhalb der Eurozone gibt es sie schon, in der Schweiz. Es scheint, als ob alles in perfekter Ordnung wäre, denn üblicherweise bedeuten niedrige Zinsen hohe Bonität. Gute Schuldner zahlen wenig Zinsen, so war das Credo bis dato. Aber wie passt es zusammen, dass die Rendite Spaniens noch Mitte 2012 bei über 7% lag und heute bei 1,27%? Ist in den Peripherieländern schon wieder alles in Ordnung? Und wie ist es zu bewerten, dass man in Deutschland Zinsen bezahlen muss um sein Geld verleihen zu dürfen bzw. "aufbewahrt" zu wissen? Steht Deutschland wirklich so gut da? Eines kann schon jetzt festgehalten werden: Es muss zwischen den einzelnen Ländern unterschieden werden. Die Kernzone steht gut da, aber auch die einstigen Sorgenkinder wie Spanien oder Irland haben gewaltige Fortschritte gemacht. Das Zinsniveau ist aber von den Fundamentaldaten losgelöst und wird von der Europäischen Zentralbank (EZB) künstlich beeinflusst. Vordergründig um Deflation zu bekämpfen, hintergründig - und abseits ihres Mandates - um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Staaten könnten sich angesichts der angehäuften Schuldenberge wohl gar keine höheren Zinsen leisten. Und eine Umkehr ist vorerst nicht in Sicht. Erst vor Kurzem sind die Zinsen zehnjähriger deutscher Anleihen unter jene japanischer Anleihen gefallen - Österreich folgte.

Quelle: Bloomberg. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

Haben wir jetzt in Europa (ja)panische Verhältnisse? Immerhin gleicht die Krise in Europa in vielen Aspekten der Situation Japans seit den 90er Jahren: Aktien- und Immobilienblase, schwächelnde Wirtschaft, Banken mit faulen Krediten, Investitionszurückhaltung und Schuldenabbau, deflationäre Tendenzen, etc. Negativ: Viele Probleme in und um Europa - Sicherheitsbedürfnis schürt Anleihenblase Sichere Kernländer wie Deutschland und auch Österreich refinanzieren sich günstig wie nie. Investoren müssen teilweise für die "Aufbewahrung" ihres Geldes in den sicheren Häfen Zinsen bezahlen, anstatt wie bisher für ihre Veranlagung Zinsen zu erhalten. Das Bedürfnis nach Sicherheit bescherte Österreich Anfang März sogar erstmals in der Geschichte eine Anleihen-Emission mit negativer Rendite. Die Anleihe mit Fälligkeit im Oktober 2019 rentierte bei Emission bei -0,038% und war mehrfach überzeichnet. Zinsen unterliegen dem Mechanismus von Angebot und Nachfrage und derzeit überwiegen die Käufer. Und das nicht nur bei Anleihen mit Top-Bonität und Rating AAA, sondern auch darunter, wie das Beispiel Österreich zeigt. Grund für das - für Sparer so schmerzhafte Niedrigzinsumfeld - ist eine Mixtur aus unterschiedlichen Zutaten, zwei der wichtigsten sind:

  • Kaufprogramm der EZB
    Hier kommen wir zurück auf das eingangs erwähnte "Japanszenario". Europa scheint aus den Fehlern Japans gelernt zu haben. Die EZB kauft monatlich Anleihen im Wert von 60 Mrd. Euro und betreibt eine aggressive Zinspolitik. Abseits davon ist man bei den Strukturreformen unnachgiebig. Ein erster Erfolg konnte verzeichnet werden und der Euro wurde geschwächt. Exporte wurden angeregt und Importe teurer. In Kombination mit den jüngst steigenden Energiepreisen ist ein Ansteigen der Inflationserwartungen zu beobachten. Japan hat aber gezeigt, dass es sehr lange dauern kann bis wieder "Normalität" einkehrt.
  • Flucht in Sicherheit
    Die EZB kauft Anleihen und treibt dadurch die Kurse nach oben. Interessanterweise bekommt sie Unterstützung von den Marktteilnehmern, die mit Deflationsängsten die Nachfrage antreiben. Denn bei einer Deflation steigt die Realverzinsung nomineller Anleihen und langlaufende Anleihen sind eine interessante Anlage. Und hier sind wir schon beim nächsten Thema: Deflation und Rezession gehen oft Hand in Hand. Sind also die niedrigen Zinsen auch eine Antizipation eines bevorstehenden Wirtschaftsabschwunges?

In Europa versucht man mit Marktverzerrung und Außerkraftsetzung der Marktmechanismen die Kreditvergabe anzuregen und die Wirtschaft zu unterstützen. Gepaart mit dem Sicherheitsbedürfnis der Anleger - Rückzahlung ist wichtiger als Zinszahlung - ist das aktuelle Zinsgefüge zu erklären. Mehr als 30% der europäischen Staatsanleihen mit Laufzeit größer einem Jahr rentieren im negativen Bereich, der Großteil davon kommt aus Deutschland wo es über 70% sind. Sogar Spanien - vor kurzem noch mit Griechenland in einem Atemzug genannt - emittierte im April eine Anleihe mit sechsmonatiger Laufzeit und negativer Rendite. Daraus folgt: Wir sind in einer riesigen Anleihenblase, deren Platzen unaufmerksame Marktteilnehmer am falschen Fuß erwischen wird! Doch nicht negativ: Anleihen-Ertrag trotz negativer Renditen Laut EZB wird das QE Programm von Dauer sein. Offizielles Laufzeitende ist der September 2016. Genügend Zeit also, um sich Gedanken zu machen, ob in dieser neuen Welt mit Anleihen ohne irrationales Risiko etwas verdient werden kann. Oder ist man mit Aktien und dem Ersparten unter der Matratze am besten bedient?

  • Ganz von Anleihen verabschieden muss man sich nicht. Das beste Argument für Anleihen liefert die EZB selbst: Durch das Kaufprogramm können die Renditen weiter fallen. Zwar wollen wir im aktuellen Niedrigzinsgefüge keine Lanze für das unattraktive Anleihenumfeld brechen und raten zu einer kurzen Laufzeit. Aber Rendite darf nicht mit Ertrag verwechselt werden: Auch bei Investition in negative Renditen kann diese weiter fallen und der Kurs steigen. So ist die Rendite einer deutschen Staatsanleihe mit Laufzeit 2020 seit 27. Jänner 2015 negativ, der Ertrag im gleichen Zeitraum beträgt 0,73%.
  • Weitere Gründe für potenziell fallende Renditen sind die Flucht in Sicherheit, Nachfrageüberhang und institutionelle Investoren die aus regulatorischen Gründen investieren müssen.
  • Auch im Falle einer Deflation ist man mit Anleihen gut bedient, weil die Realrenditen ansteigen. Gleichzeitig sehen wir Anleihen bester Bonität aus der Kernzone in Krisenzeiten als sicher an.
  • Bei einer Investition in Fremdwährungen kann ein Investment mit negativen Renditen ebenfalls gerechtfertigt sein. Bestes Beispiel ist der Schweizer Franken, der seit Aufgabe der Bindung an den Euro massiv zulegte und die negative Rendite der Anleihen, neben dem Zinsrückgang, mehr als kompensierte. Für nordische Währungen aus Schweden und Dänemark gilt dies ebenfalls, die entsprechende Währungsmeinung vorausgesetzt.

Positiv: Lösungsansätze der Schoellerbank - Investieren in schwierigen Zeiten Wir sehen uns mit einem schwierigen Marktumfeld konfrontiert, in dem die Verdienstmöglichkeiten rar geworden sind. Aus Anlegersicht aber auch aus Sicht der Banken wird das Niedrigzinsumfeld für Rückgänge bei Anlageerfolg und Margen sorgen. Verschuldete Staaten und Unternehmen hingegen profitieren. Viele Anleger versuchen mittels längerer Laufzeiten oder schlechterer Bonitäten eine Mehrrendite zu erwirtschaften - beides halten wir für falsch. Wir empfehlen derzeit vielmehr besondere Vorsicht bei Anleihen. Denn durch die Notenbankpolitik der EZB und den Nachfrageüberhang sind die Zinsen viel zu niedrig. Das Chancen-Risiko-Verhältnis ist extrem asymmetrisch geworden, wobei das Risiko überwiegt. Die Zinsen schlechter Schuldner sind für das eingegangene Risiko zu niedrig und bergen die Gefahr von Spreadausweitungen (Zinsen von Unternehmensanleihen steigen stärker als die Zinsen von risikolosen Staatsanleihen gleicher Laufzeit) - schlechte Bonitäten meiden wir. Auch bei der Laufzeitenentscheidung haben wir eine klare Meinung: Am Geldmarkt und bei ganz kurzen Laufzeiten erhält man Mikrozinsen, die für tief negative Realrenditen sorgen. Längeren Laufzeiten bergen hingegen die Gefahr eines plötzlichen Umschwungs und folglich steigender Renditen. In der Schoellerbank setzen wir derzeit auf eine verkürzte Restlaufzeit von 3,5 bis 4 Jahren und investieren nur in Anleihen bester Bonität. Daneben engagieren wir uns in inflationsgeschützten Anleihen, die nicht zuletzt aus antizyklischen Gesichtspunkten attraktiv sind. Insbesondere im "Matratzenvergleich" bevorzugen wir diese Assetklasse, weil die Kaufkraft erhalten bleibt. Unserer Einschätzung nach werden sich inflationsgeschützte Anleihen, auch bei steigenden Zinsen, gegenüber nominellen Anleihen behaupten. Denn bei steigenden Zinsen sollte die variable Komponente der Realzinsen den fixen Bestandteil teilweise kompensieren. Sicher müssen wir uns vorübergehend damit abfinden, dass wir aus einer veritablen Krise kommen und Erspartes keine Zinsen abwirft. Anleihen sollten trotzdem ein Sicherheitspolster sein und nicht Hort von unkalkulierbaren Experimenten. Risikoaffineren Investoren empfehlen wir daher auch eine Beimischung von Aktien. Zwar sind Aktien ebenfalls gut gelaufen und weisen erhöhte Bewertungen auf. Doch es gibt gute Gründe, warum es noch weiter gehen könnte. Zum einen zeigen die von uns beobachteten Sentimentindikatoren keine euphorischen Niveaus an, zum anderen werden Aktien durch die sinkenden Anleihenzinsen automatisch attraktiver. Und einzelne Qualitätswerte sind noch durchaus zu einem fairen Preis zu finden. An Aktien kommt man somit nicht vorbei, auch wenn diese kurzfristig eine höhere Schwankung als Anleihen aufweisen. Wir empfehlen auch konservativen Investoren eine langfristige Beimischung neben dem Anleihen-Sicherheitspolster. Zentral ist dabei eine breite Diversifikation der weltweit besten Aktien.

Autor: Mag. Michael Penninger Asset Management Schoellerbank AG Tel. +43/662/86 84-2681 Marcus Hirschvogl, BA Pressesprecher Schoellerbank AG Tel. +43/1/534 71-2950 1010 Wien, Renngasse 3 marcus.hirschvogl@schoellerbank.at

Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs, die als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage gilt. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Vorsorgemanagement. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto "Investieren statt Spekulieren". Die Schoellerbank ist mit 12 Standorten und 315 Mitarbeitern die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für private und institutionelle Anleger ein Vermögen von rund 10 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria. Mehr Informationen unter: www.schoellerbank.at

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