Der Aktienmarkt im Fokus - Was bedeutet der jüngste Kursrückschlag? - Schoellerbank Analysebrief Nr. 279 Oktober 2015

  • Eine Kurskorrektur von mehr als 10% kommt statistisch gesehen beinahe jedes Jahr vor. Der Kursrückschlag der jüngsten Vergangenheit war somit überfällig
  • Wie geht es jetzt weiter? Ist das Schlimmste schon überstanden oder müssen sich Anleger auf weitere Abstürze gefasst machen?
  • Die Experten der Schoellerbank raten zu einer langfristig konservativen Veranlagung mit soliden und hochqualitativen Aktien

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Mehr Fragen als Antworten "Der Markt macht aus Mücken gerne Elefanten und übertreibt übliche Kursschwankungen in größere Rückschläge." - Benjamin Graham "Marktbewegungen machen Nachrichten, nicht umgekehrt" lautet ein altes Sprichwort und so schwirren immer einige "Mücken" herum, die als Erklärung einer heftigen Kurskorrektur herhalten müssen: die Euro-Krise, der Crash in China, der rasante Verfall der Rohstoffpreise, die bevorstehende Zinswende in den USA et cetera. Der Begriff "Mücken" ist in diesem Zusammenhang sicherlich verharmlosend, denn einige Szenarien haben das Potenzial, die Weltwirtschaft zu gefährden. So macht die US-Notenbank nicht unbedingt eine glückliche Figur, wenn sie einmal die Zinsen anheben will, dann wieder Abstand davon nimmt und jüngst sogar von möglichen weiteren Lockerungen redet, als würde sie mit einer Rezession rechnen. Darf man sich da keine Sorgen machen? Nehmen wir nur den Verfall der Rohstoffpreise, der auf der einen Seite in allen Volkswirtschaften, welche von Rohstoffexporten abhängig sind, tiefe Einnahme-Löcher reißt. Auf der anderen Seite freuen sich die Verbraucher und der Konsum wird angekurbelt. Also alles halb so wild? Nicht nur in Entwicklungsländern, auch in den USA steckt eine ganze Branche in der Krise. Die Förderung sogenannter unkonventioneller Öl- und Gaslagerstätten - das Fracking - ist beim aktuellen Ölpreis weitgehend unrentabel geworden. Milliarden an Dollar wurden in diese eben noch aufstrebende Industrie investiert. "Das Geld ist fort" muss so mancher Chef eines Fracking-Unternehmens seinen Aktionären wohl gestehen. Zu einer generellen Panik wie im Jahr 2008 wird das wohl nicht führen, aber können solche Fehlinvestitionen ohne Folgen bleiben?

Die Börsen in China spielen derzeit verrückt. Von Mitte 2014 bis Mai 2015 stieg der Shanghai Composite Index von 2.000 auf über 5.000 Zähler, um dann auf 3.000 Zähler abzustürzen. Ein Plus von über 50% ist aber nur für diejenigen geblieben, die von Anfang an dabei waren, und das waren die Wenigsten. Die vielen Unternehmen und auch Privatleute die nahe dem Höchststand − meist kreditfinanziert − einstiegen, stehen vor dem Ruin. Wie viele das sind und wie groß das Problem wirklich ist, ist ungewiss. Das massive und bisher erfolglose Eingreifen des Staates deutet an, dass es kein unbedeutendes Problem in den Augen der chinesischen Führung ist. Steht das Wachstumswunder in China vor dem Aus? Oder ist das nur ein weiterer - wenngleich schmerzhafter - Schritt Richtung Marktwirtschaft? Wie Sie sich denken können, haben auch wir nicht die Antworten auf all diese Fragen. Auf der einen Seite gibt es genügend Schwarzseher, die alle möglichen Schreckensszenarien an die Wand malen. Wir tun das nicht. Auf der anderen Seite kann man auch einige positive Entwicklungen aufzeigen. Den festen US-Arbeitsmarkt zum Beispiel oder die noch immer soliden Gewinne der Unternehmen außerhalb des Rohstoffsektors. Eine neue Finanzpanik ist heute weniger wahrscheinlich, weil die Kapitalpolster der Finanzinstitute dicker sind. Auch die Euro-Krise bringt die Märkte kaum noch aus dem Tritt, wie wir vor einigen Monaten anlässlich des Ringens um Griechenlands erleben konnten. Doch das Aufzählen und Aufwiegen möglicher Ereignisse bringt uns der eigentlichen Fragestellung nicht näher. Womit man rechnen muss "Ich bin davon überzeugt, dass beim Investieren das Wichtige nicht offensichtlich ist und das Offensichtliche falsch ist." - Charlie Munger Offensichtlich ist, dass wir seit sechs Jahren einen Bullenmarkt erleben, der sich auf eine rasante Erholung der Gewinne nach dem Beinahe-Kollaps im Jahre 2008 stützt. Es braucht keinen Hellseher, um zu erkennen, dass es in dem Tempo nicht weitergehen wird. Einfache Arithmetik reicht hierzu völlig aus. Der Ertrag jedes Aktieninvestments setzt sich zusammen aus den Dividendenerträgen und den Kursgewinnen. Die Kursgewinne wiederum resultieren zum einen aus dem inhärenten Wachstum von Gewinnen und Dividenden. Zum anderen ist die Risikobereitschaft der Investoren ein wesentlicher Faktor. Vereinfacht gesprochen: Je höher die Risikobereitschaft, desto höher die Bewertung, die sich beispielsweise am KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) misst. Seit 1945 hat der S&P 500 im langfristigen Durchschnitt eine Performance von rund 10% pro Jahr gebracht. Rund ein Drittel dieser Performance kam aus den Dividenden, die restlichen zwei Drittel aus dem Gewinnwachstum. Die Bewertung war − je nach Risikobereitschaft − mal höher und mal niedriger. Im Schnitt war der Beitrag daraus aber vernachlässigbar, der Markt schwankte also in großen Zyklen um den "inneren Wert".

In dieser 70-jährigen Historie gab es aber große Veränderungen. In den Nachkriegsjahren bis Ende der 1970er waren die Dividendenerträge mit 3% bis 5% ein dominanter Anteil. Heute ist die Dividendenrendite des S&P 500 bei nur mehr 2%. In den vergangenen Jahren hat ein außerordentliches Gewinnwachstum die Kurse beflügelt, doch es wäre blauäugig, diesen Trend fortzuschreiben. Angesichts des noch immer schwachen globalen Wachstums dürften die Gewinne wohl kaum mit den gewohnten 6% bis 7% zulegen. Ein Wachstum von 3% bis 4% − eine grobe Schätzung − scheint hier die angemessenere Ausgangsbasis. So kommen wir also auf eine Annahme von 5% bis 7% eines langfristigen, durchschnittlichen Ertrages aus Dividenden und Gewinnwachstum. Geringer als in der Vergangenheit, aber immer noch besser als alles, was der Anleihenmarkt zu bieten hat. Doch natürlich sind Aktien keine Anleihen mit einem fixen Kupon. Manche Unternehmen können ihre Dividenden vielleicht nicht halten, eine Rezession kann die Gewinne einbrechen lassen und auch andere Unglücke können den Aktionär treffen. Langfristige Ertragsannahmen sind eine Sache, etwas ganz anderes ist der Ertrag, welchen die Aktionäre für das eingegangene Risiko erwarten. Bewertung und Zins: Zwei Seiten derselben Medaille "Die meisten Anleger können − und sollen − ihr Vermögen über mehrere Dekaden investieren. Sie sollten sich darauf konzentrieren, ihre Kaufkraft über das gesamte Investment-Leben signifikant zu steigern. Ein über die Zeit erworbenes, diversifiziertes Aktienportfolio wird sich hierzu als weitaus weniger riskant herausstellen als Anleihen und Geldmarktveranlagungen." - Warren Buffett, Brief an die Aktionäre 2014 Risiko ist nicht dasselbe wie Volatilität! Volatilität ist die Schwankung des Marktpreises und betrifft den kurzfristigen Horizont. Wer eine Aktie kauft hat auf Sicht von ein paar Monaten oder wenigen Jahren eine höhere Volatilität als jemand, der sein Geld in kurzfristige Anleihen guter Bonität investiert. Doch je länger der Anlagehorizont, umso unwichtiger werden die kurzfristigen Schwankungen. Viele Studien belegen, was Warren Buffett sagt: Die meisten Anleger haben ihr Vermögen langfristig zur Verfügung. Oft ist ihnen das aber nicht bewusst oder sie handeln nicht dementsprechend. Wer sein Geld langfristig in Aktien anlegen will, muss nicht die nächste Rezession vorhersagen können. Eine Frage muss ihn aber stets beschäftigen: Ist der Aktienmarkt zu hoch bewertet und bietet er noch vernünftige Ertragsaussichten?

Und damit kommen wir zur Bewertung des Aktienmarktes. Aktionäre müssen sich nicht zwangsläufig mit diesen historisch gesehen relativ geringen Ertragsaussichten begnügen. Warum sollten die Kurse nicht so lange sinken, bis wieder ein zumindest zweistelliger Gewinn zu erwarten ist? Das wäre dann eine Kurskorrektur von noch einmal zumindest 30%. "Ich bleib in Cash und wart auf den Crash" denkt so mancher Investor. Oder verrechnet er sich? Bewertung und Stimmungslage treiben den Aktienmarkt! Die Stimmungslage ist viel pessimistischer geworden, bei der Bewertung hat sich weniger getan. Ist es zu früh, um zuzugreifen? Die Bewertung einer Aktie ist zwar nicht Ansichtssache, sehr wohl aber eine Tochter der Zeit. Entscheidend ist das Zinsniveau. Ende der 1970er waren die Bewertungen auf sehr niedrige Niveaus gesunken. Die KGVs waren damals im einstelligen Bereich, nicht bei 20 und darüber wie heute. Gleichzeitig stiegen die Zinsen auf Rekordhöhen und 10-jährige US-Staatsanleihen boten Renditen von bis zu 15%. Es waren die Jahre des Ölpreisschocks und einer hohen Inflation in den Industrieländern. Der Vorsitzende der US-Notenbank Paul Volcker hob die Zinsen drastisch an, um dagegen anzukämpfen. Die Stimmung für Aktien war pessimistisch, viele Marktteilnehmer sahen die hohen Zinsen als den "Tod der Aktie" an. Doch für alle, die sich damals ein Herz fassten, war es eine großartige Gelegenheit, in den Aktienmarkt zu investieren. Denn die Situation erholte sich langsam, das Wachstum kam zurück, die Inflation sank und mit ihr die Zinsen. Bis in die 90er Jahre setzte sich diese als "Great Moderation" bekannte Phase fort und hob die Bewertung der Aktienmärkte in neue Höhen. Heute sind die Vorzeichen umgekehrt: Die Wirtschaft hat sich zwar von der Lehman-Krise erholt, konnte jedoch bis heute nicht mehr dort anknüpfen, wo sie Anfang der 2000er-Jahre aufgehört hat. Die reale Gefahr ist die Deflation und die Zinsen sind dementsprechend niedrig. Aktien, die besseren Anleihen? "Bei normalen Zinsen sind Aktien zu diesen Preisen eher teuer. Aber wenn wir in 10 Jahren noch immer so niedrigen Zinsen haben, sind Aktien extrem billig." - Warren Buffett, Mai 2015 Die Bewertung der Aktienmärkte hängt von der Zinsentwicklung ab, und zwar vor allem von der Zinserwartung auf lange Sicht. Aktuell rechnet der Markt mit einer sehr langsamen Normalisierung der Zinsen. Die etwas erhöhten Bewertungen sind Ausdruck dessen. Je näher die erste Zinsanhebung kommt, umso nervöser wird der Markt. Dabei ist die Grundfrage nicht, wie und wann die erste Zinsanhebung kommt, sondern vielmehr, ob die Volkswirtschaft sich überhaupt wesentlich höhere Zinsen leisten kann?

Für Europa lautete die Antwort eindeutig Nein, aber auch die USA müssen vorsichtig sein. Nichts wäre schlimmer, als wenn die Notenbank nach ein paar Zinsanhebungen gleich wieder den Rückwärtsgang einlegen müsste, weil die ersten Sollbruchstellen in der Wirtschaft zu knacksen beginnen. Eine Normalisierung der Zinsen könnte also durchaus weiter in der Zukunft liegen, als es derzeit angenommen wird. Die Aktienmärkte scheinen dass noch nicht voll einzupreisen. Fazit: Aktien, Anleihen oder Cash? Herr Buffett legt sich schlauerweise nicht fest, lässt aber eine Tendenz erkennen: "eher teuer" im Vergleich zu "extrem billig". Wer mit Wetteinsätzen vertraut ist, weiß, wohin er seine Chips setzt. Selbstverständlich kann aber auch das "Orakel von Omaha" die Zinsentwicklung für die nächsten 10 Jahre nicht vorhersehen. Ein Blick auf den Anleihemarkt zeigt, dass hier noch nicht wirklich mit der Zinswende gerechnet wird. Anleihen sind durch alle Risikoklassen hindurch sehr teuer geworden, die Rendite entlohnt das eingegangene Risiko unserer Ansicht nach nicht mehr. Auch Aktien sind teuer, aber angesichts der oben dargestellten Gedankengänge spricht noch immer einiges für Aktien. Bemerkenswerterweise ist es gerade eine pessimistische Sicht auf Wachstum und Inflation, die zu Aktien rät. Nicht irgendwelche Aktien versteht sich, sondern Qualitätsaktien mit starken Wettbewerbsvorteilen und soliden Bilanzen, die auch in einem Umfeld niedrigen Wachstums gut zurechtkommen. Small Caps, Rohstofftitel und Titel aus den Emerging Markets sind in diesem Szenario mit Vorsicht zu genießen. Natürlich gibt es auch eine dritte Option: Geld halten und abwarten. Angesichts der nicht vorhandenen Zinsen ist diese Strategie umso kostspieliger, je länger man zuwartet. Der Wert des Geldes bemisst sich aber nicht allein am Zins. Einen Teil des Vermögens in Cash zu halten bietet auch Handlungsalternativen und ist daher empfehlenswert. Doch alles in Cash? Kurskorrekturen werden von Investoren sehr rasch für Neueinstiege genutzt und es würde uns wundern, wenn es diesmal anders wäre. Die Korrektur kann sich noch vertiefen, die Stimmung noch pessimistischer werden. Wir denken aber nicht, dass es zu einer echten Panik kommt. Viele sind bereit, bei etwas günstigeren Aktienkursen wieder zuzugreifen. Das stützt den Markt, wie man gut erkennen kann. Diejenigen, die auf echte Ausverkaufspreise bei Aktien wie im Jahr 2008 warten, werden wohl noch viel mehr Geduld brauchen. Die Schoellerbank will Sie nicht ins Risiko drängen. Im Gegenteil: Wir raten zu einer langfristig konservativen Veranlagung mit soliden und qualitativ hochwertigen Aktien. Die Experten der Schoellerbank haben hierzu Qualitätskriterien entwickelt und im Schoellerbank AktienRating festgeschrieben.

Autor: Mag.(FH) Jakob Frauenschuh, CFA Direktor Asset Management Schoellerbank AG Tel. +43/662/8684-2751 jakob.frauenschuh@schoellerbank.at Rückfragen bitte auch an: Marcus Hirschvogl, BA Pressesprecher Schoellerbank AG Tel. +43/1/534 71-2950 1010 Wien, Renngasse 3

Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs, die als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage gilt. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Vorsorgemanagement. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto "Investieren statt Spekulieren". Die Schoellerbank ist mit 12 Standorten und 315 Mitarbeitern die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für private und institutionelle Anleger ein Vermögen von mehr als 10 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria. Mehr Informationen unter: www.schoellerbank.at.

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