Das Milliardenvorhaben der EZB - wann ist die Zeit reif für Inflation? - Schoellerbank Analysebrief Nr. 283 Dezember 2015

  • Notenbankpolitik: Alles tun um Inflation herbeizuführen
  • Interventionen: Noch zeigen sich nicht die gewünschten Effekte
  • Inflation: Für die Schoellerbank ein großes Thema der nächsten Jahre
  • Inflationsgeschützte Anleihen: Das Vermögen wird gegen die "Geld-Entwertung" abgesichert

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Die Europäische Zentralbank (EZB) verspricht Rettung um jeden Preis

  • 26. Juli 2012: "…alles tun, um den Euro zu erhalten - und es wird genug sein"

  • 21. November 2014: "…alles tun, um die Inflation und die Inflationserwartungen so schnell wie möglich zu erhöhen"

  • 20. November 2015: "…alles tun, um die Inflation so schnell wie möglich anzuheizen"

Dabei handelt es sich um drei Zitate von Mario Draghi, Präsident der EZB, die polarisierten. Politisch muss die EZB vor allem aus dem deutschsprachigen Raum für ihre Geldpolitik Kritik einstecken. "Die lockere Geldpolitik verschleppe Reformen und die bisherigen Erfolge rechtfertigen den hohen Aufwand nicht", hört man Kritiker sagen. Überschätzt sich die EZB und ihren Einfluss auf die Geldpolitik, oder sind bereits Erfolge sichtbar? Was uns die Vergangenheit lehrt 26. Juli 2012 Im Juli 2012 erreichte die europäische Schuldenkrise ihren Höhepunkt und der Austritt Griechenlands aus der Eurozone war ausgemachte Sache. EZB Chef Draghi verwendete daraufhin erstmals die historischen Worte: "Innerhalb ihres Mandates werde die EZB alles Nötige tun, um den Euro zu retten." Im Anschluss an die Rede entschärfte sich die Schuldenkrise und Griechenland konnte im Euroraum bleiben. Der Konjunkturpessimismus führte zu rezessiven Tendenzen, da Sparprogramme, Steuererhöhungen und Lohnsenkungen den privaten Konsum drückten und sich Unternehmen bei Investitionen zurückhielten. Wegen der sinkenden Nachfrage stagnierten die Erzeugerpreise, gleichzeitig konnten die Arbeitnehmer nur moderate Lohnerhöhungen durchsetzen. Die Inflationsraten gingen in den freien Fall über.

Abbildung 1: Inflationsentwicklung in Europa auf Jahresbasis. Quelle: Bloomberg. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

21. November 2014 Die Marktteilnehmer begannen wegen der konjunkturellen Schwächephase eine Deflation einzupreisen. Am 21. November 2014 benutzte Draghi seine historischen Worte erneut im Bezug auf Inflation: "Wir werden alles tun, was wir müssen, um die Inflation und die Inflationserwartungen so schnell wie möglich zu erhöhen, wie es unser Auftrag verlangt". Doch die verbalen Interventionen der EZB reichten nicht aus, um die kollabierenden Inflationserwartungen zu stabilisieren. Den Worten mussten Taten folgen, weshalb die EZB im Jänner 2015 nach mehreren Zinssenkungen die Ausweitung ihres Anleihenkaufprogramms beschloss. Ein Billionen-Euro-Gelddruckprogramm wurde im März 2015 auf den Weg gebracht. Die Maßnahmen schienen zu fruchten, die europäischen Inflationserwartungen stiegen mit der Ankündigung des Anleihenkaufprogramms an (siehe Abbildung 2: 1).

Abbildung 2: 10-jährige Inflationserwartungen in Europa auf Swapbasis. Quelle: Bloomberg. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

Schlechte Nachrichten aus den Emerging Markets machten der EZB einen Strich durch die Rechnung. Ängste vor einer globalen Wachstumsschwäche griffen um sich und die Inflationserwartungen fielen deutlich zurück (siehe Abbildung 2: 2). Nachdem sich die Lage etwas beruhigte, stiegen auch die Inflationserwartungen ab August 2015 wieder an. Die unterdurchschnittliche Entwicklung relativ zu nominellen Anleihen wurde beinahe aufgeholt (siehe Abbildung 2: 3).

20. November 2015 Der Anstieg ging den Währungshütern aber zu langsam. Aus diesem Grund sah sich Mario Draghi im November 2015 erneut gezwungen, verbal zu intervenieren und wieder benutzte er die gleiche Formulierung wie schon zuvor. Beim Bankenkongress in Frankfurt betonte er erneut: "Wir werden alles Notwendige tun, um die Inflation so schnell wie möglich wieder zu erhöhen". Am Markt wurden die Ankündigungen als weitere aggressive Schritte der EZB bei ihrer nächsten Sitzung im Dezember 2015 gedeutet. Dies könnten zum einen weitere Zinssenkungen, aber auch ein noch weiteres Öffnen der Geldschleusen bedeuten. Warum es trotz aller Interventionen noch keine Inflation gibt Die Quantitätstheorie besagt, dass eine Erhöhung von Geldmenge oder Geldumlauf mit steigendem Preisniveau oder steigendem realen BIP einhergehen. In Europa stagnierten die Inflationsraten bestenfalls. Denn in Wahrheit spielen weitere Faktoren eine Rolle. Draghis Milliarden schafften es nicht die Kreditvergabe von Banken an Unternehmen anzukurbeln, der Geldumlauf erhöhte sich nicht und die Unternehmen hielten sich mit Investitionen zurück. Weitere Inflationstreiber wie z.B. höhere Einkommen, eine gesamtwirtschaftliche Nachfrage über dem Angebot, steigender Unternehmerlohn und eine Lohn-Preis-Spirale waren nicht gegeben. Das Geld floss in die Kapitalmärkte wo die Aktienmärkte seit Jahren ansteigen und die Zinsen auf der Anleihenseite auf Allzeittiefs fielen (Asset Price Inflation). Die niedrigen Zinsen zielten neben Inflationierung auf die Unterstützung der Wirtschaft ab. Zwar ist es das vorrangige Ziel der EZB die Preisstabilität zu gewährleisten, aber soweit dieses Ziel nicht beeinträchtigt wird, unterstützt die EZB die allgemeine Wirtschaftspolitik der Union. Die Geldflut sollte den Unternehmen helfen, um günstig an Kredite zu kommen, die private Nachfrage anzukurbeln und den Konjunkturoptimismus zu befeuern - ein Mechanismus der im Zuge der Schuldenkrise ins Stottern geriet. Aus gesamteuropäischer Sicht waren es zuerst vor allem die Peripherieländer, die die Inflationsraten nach unten drückten. Aber auch die Kernländer wie Österreich und Deutschland verzeichneten eine disinflationäre Phase, weil externe Faktoren wie die rückläufigen Energie- und Rohstoffpreise belasteten. Der Warenkorb zur Inflationsmessung verdeutlicht das am Beispiel Österreichs. Exkurs: Warenkorb Inflation wird über die Preisentwicklung eines repräsentativen Warenkorbs gemessen. In Österreich haben die Hauptgruppen im Verbraucherpreisindex (VPI) derzeit folgende Gewichtungen:

 Gewichtung in %
1. Nahrungsmittel u. alkoholfreie Getränke11,8
2. Alkoholische Getränke u. Tabak4,0
3. Bekleidung u. Schuhe5,9
4. Wohnung, Wasser, Energie18,5
5. Hausrat u. laufende Instandhaltung des Hauses7,6
6. Gesundheitspflege4,8
7. Verkehr13,3
8. Nachrichtenübermittlung2,2
9. Freizeit u. Kultur11,4
10. Erziehung u. Unterricht1,3
11. Restaurants u. Hotels9,5
12. Verschiedene Waren u. Dienstleistungen9,7
Quelle: Statistik Austria

Mit Ausnahme des Bereichs Energie weisen alle Gruppen im Jahresvergleich (per Oktober 2015) steigende Preise aus. Die größten negativen Beiträge kamen von flüssigen Brennstoffen für Wohnen sowie dem Betrieb von Privatfahrzeugen (Kraftstoffe), beides hoch gewichtete Komponenten des Warenkorbs. Ohne den negativen Einfluss von Verkehr läge die Inflationsrate in Österreich eher bei 1,3% als bei 0,7%. Die Kerninflation ohne die volatilen Bestandteile Energie und Lebensmittel beträgt in Österreich 1,6%. Wie es weitergeht Steigende Inflationsraten und -erwartungen sind von vielen Faktoren abhängig. Manche Faktoren wie die schwache konjunkturelle Erholung, Kapazitäten und Kreditvergabe geben nur mäßige Hoffnung auf bevorstehende Preisschübe. Für steigende Inflationserwartungen sprechen derzeit: Die Notenbankpolitik Die EZB mit Mario Draghi an ihrer Spitze intervenierte während der europäischen Schuldenkrise massiv - die Erfolge werden zum Teil unterbewertet. Auch wenn die Inflationsdaten noch nicht das von der EZB gewünschte Niveau erreicht haben, haben die Aussagen und die lockere Geldpolitik der EZB bisher Wirkung gezeigt. Die Marktteilnehmer zweifeln nicht an ihrer Glaubwürdigkeit. So konnte Griechenland im Euro gehalten werden und Europa ist trotz schleppender Kreditvergabe und schwacher Konjunktur nicht in eine tiefe Rezession oder in eine Deflationsspirale gefallen. Der Preis dafür war zugegebenermaßen hoch.

  • Der Preisverfall des Euro
    - Während in den USA nur noch der Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung offen ist, beschreitet die EZB den Weg der quantitativen Lockerung. Der Euro wertete deutlich ab.
    - Dadurch werden Exporte billiger und die heimische Wirtschaft unterstützt, während Importe teurer werden. Importierte Inflation ist die Folge.

  • Die niedrigen Energiepreise haben zwei Effekte:
    - Sie wirken wie ein Konjunkturprogramm, da der Inputfaktor Energie für Unternehmen billig ist. Unternehmen werden produktiver, die Wirtschaft erholt sich, auf das Preisniveau haben sie vorerst aber einen dämpfenden Einfluss.
    - Irgendwann werden die Energiepreise ihren Boden erreichen. Wegen der hohen Gewichtung im Warenkorb haben steigende Energiepreise einen positiven Effekt. Aber nicht nur das, selbst ein "Verharren" auf dem tiefen Niveau würde unterstützen. Zum einen wegen des Basiseffekts, zum anderen aber weil somit eine negative Komponente im Warenkorb wegfällt, während andere Komponenten ansteigen.

Ist die Zeit daher reif für Inflation? Bisher verursachte das lockere Geld keine steigenden Konsumentenpreise. Bis jetzt! Die EZB erscheint jedoch gewillt eine höhere Inflation mit aller Kraft herbeizuführen. Die preistreibende Wirkung des Anleihenkaufprogramms hat sich heuer in der ersten Jahreshälfte bereits gezeigt, nur Turbulenzen ausgehend von den Emerging Markets nahmen kurzfristig den Wind aus den Segeln. Mit der folgenden Aufhellung zogen auch die Inflationserwartungen wieder an und die entsprechenden Anleihen haussierten. Andere Faktoren wie Energiepreise und niedriger Außenwert des Euros haben zusätzlich stimulierende Effekte. Sollte sich auch noch die europäische Wirtschaft weiter erholen und Banken anfangen ihre Einlagen als Kredite zu vergeben, würden schlussendlich auch die Geldmengenaggregate wachsen und inflationär wirken.

Fazit Unserer Meinung nach wird Inflation zu einem großen Thema der nächsten Jahre, solange ihr nicht eine Krise erneut den Rückenwind entzieht. Gefahr besteht z.B. immer noch seitens der Emerging Markets, wo steigende US-Zinsen belasten könnten. Dennoch ist an der Ernsthaftigkeit der Vorhaben der EZB und deren Chef Mario Draghi nicht zu zweifeln. Seine Aussage: "mit allen Mitteln" setzte ein glaubwürdiges Zeichen. Mit inflationsgeschützten Anleihen wird das Vermögen gegen die "Geld-Entwertung" abgesichert. Die Inflationserwartungen sind aktuell sehr tief und der Zeitpunkt für einen Einstieg in diese Assetklasse ist günstig. Zwar rechnen wir kurzfristig nicht mit steigender Inflation selbst, aber mit steigenden Inflationserwartungen, die sich in höheren Anleihenpreisen niederschlagen werden. Inflationsgeschützte Anleihen bieten sich daher als prominente Portfolio-Beimischung an. Autor: Mag. Michael Penninger Asset Management Schoellerbank AG Tel. +43/662/86 84-2681 Rückfragen bitte auch an: Marcus Hirschvogl, BA Pressesprecher Schoellerbank AG Tel. +43/1/534 71-2950 1010 Wien, Renngasse 3

Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs, die als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage gilt. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Vorsorgemanagement. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto "Investieren statt Spekulieren". Die Schoellerbank ist mit 12 Standorten und 315 Mitarbeitern die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für private und institutionelle Anleger ein Vermögen von mehr als 10 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria. Mehr Informationen unter: www.schoellerbank.at.

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