EU-Taxonomie und ethische sowie nachhaltige Investmentkriterien

Immer mehr Menschen erkennen, dass sie mit ihren Vermögensanlagen Veränderungen in Bereichen der Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft erreichen können. Anstatt ihr Geld in Unternehmen oder Staaten zu investieren, die Menschenrechte verletzen oder ökologische Standards missachten, betrachten sie „nachhaltige Investments“ als attraktive Alternative.

 

Ein Artikel von Univ.-Doz. Mag. Dr. Christine Jasch, stellvertretende Vorsitzende des „Beirats für Ethik und Nachhaltigkeit“ der Schoellerbank
 

„Nachhaltige Investments“, „ethisch-ökologische Investments“ oder einfach nur „grünes Geld“ sind unterschiedliche Begriffe für Veranlagungen, bei denen ethische, ökologische oder soziale Komponenten bei der Auswahl, Beibehaltung und Realisierung des Investments mitberücksichtigt werden. Gemeinsam ist ihnen, dass neben den finanziellen Interessen der Investoren auch die Einflüsse des Investments auf die Gesellschaft beachtet werden. Es wird also in Unternehmen investiert, die in ihrer Geschäftspolitik ökologische oder soziale Grundsätze verfolgen und deren Produkte und Dienstleistungen einen ökonomischen, ökologischen und damit einen gesellschaftlichen Nutzen haben. Mit einem nachhaltigen Investment kann auch der verantwortungsvolle Gebrauch von Mitspracherechten (im angloamerikanischen Raum auch Engagement genannt) z. B. auf der Hauptversammlung gemeint sein.

Erfolgsgeschichte „Nachhaltigkeit“

Die Geschichte der ethischen Investments ist lang und begann Anfang des 20. Jahrhunderts in geistlichen Kreisen der USA mit dem Ausschluss sogenannter „Sünden-Titel“ – also keine Veranlagungen in Unternehmen, die mit Alkohol, Pornografie etc. Geschäfte machten. 1928 wurde der erste Ethikfonds (Pioneer Fund) in den USA aufgelegt. Die nächste Welle entstand in den1970er-Jahren im Anschluss an den Vietnam-Krieg. Der Pax World Fund wurde aufgelegt, der als Ausschlusskriterium Waffen- und Rüstungsindustrie definierte. Die dritte Welle hatte ihren Ursprung dann in den 1980er-Jahren in Deutschland im Zusammenhang mit der Anti-Atomkraft-Debatte. In den 1990er-Jahren konnten die ersten Ökofonds aufgelegt werden, die nicht nur Ausschlusskriterien für Atomkraft und Umweltverschmutzung berücksichtigten, sondern auch positive Kriterien, wie beispielsweise Windkraft und Öko-Effizienz, festlegten.

Die Anfänge in Österreich

Die Entwicklung des „nachhaltigen Finanzmarkts“ und die Berücksichtigung ethischer, ökologischer und sozialer Kriterien bei Investments begann in Österreich erst in den 2000er-Jahren. Es handelte sich dabei überwiegend um Investmentfonds, die nach ethischen, ökologischen bzw. sozialen Kriterien ausgerichtet waren. Die Schoellerbank war mit Auflage des Schoellerbank Ethik Vorsorge Fonds einer der österreichischen Pioniere auf diesem Gebiet. Andere Finanzprodukte wie Sparbücher oder auch Versicherungen gab es im Bereich Nachhaltigkeit damals hierzulande noch wenig. Heute finden „grüne Investoren“ hingegen eine große Produktvielfalt auf den Märkten vor.

Das Österreichische Umweltzeichen

Österreich war Vorreiter mit der Vergabe eines nationalen Umweltzeichens für nachhaltige Finanzprodukte. Seit 2004 wurden gemäß eigenen Angaben 178 Fonds mit dem Umweltzeichen Nr. 49 ausgezeichnet sowie zehn Spar- und Giroprodukte, zehn fonds- gebundene Lebensversicherungen und zwei Green Bonds – von insgesamt 59 Lizenznehmern. Anfangs waren die Ausschlusskriterien des Umweltzeichens für Unternehmen Atomkraft (Produktion), Rüstung (Produktion und Handel), Gentechnik sowie systematische Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen. Die Ausschlusskriterien für Staatsanleihen umfassten politische und soziale Standards wie die Einhaltung von Grundrechten, gemäßigte Rüstungsindustrie sowie Umweltstandards – z. B. die Ausgestaltung der Umweltpolitik und die Einhaltung internationaler Umweltstandards. Die Kriterien des Umweltzeichens wurden seit 2004 mehrmals erweitert und dienten auch als Vorlage für die aktuellen EU-Aktivitäten im Bereich Sustainable Finance, zu denen ein EU-weites Umweltzeichen, aber auch die EU-Taxonomie gehören.

Meilenstein EU-Taxonomie

Die EU-Taxonomie ist ein Klassifizierungssystem, das nachhaltige Investitionen definiert. Sie soll sogenanntes „Greenwashing“ verhindern, die Vergleichbarkeit von Investitionsprodukten fördern und Kapitalströme in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten lenken. Die Rechtsakte zu Artikel 8 der EU-Taxonomie und zu den ersten beiden Umweltzielen „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klima- wandel“ wurden Anfang Dezember im Amtsblatt der Europäi- schen Union veröffentlicht und traten Ende Dezember 2021 in Kraft. Kriterien für „grüne“ Bioenergie, Wasserkraft oder Forst- wirtschaft wurden bereits festgelegt. Die Frage, ob in einer Übergangsphase auch Kernkraft und Erdgas als „grün“ gelten sollen, führte jedoch zu heftigen Kontroversen.
 

Die EU-Taxonomie erweitert auch die Offenlegungsanforderungen für Unternehmen. Artikel 8 der EU-Taxonomie regelt die Offenlegung von Informationen im Zusammenhang mit Wirtschaftstätigkeiten, die im Sinne der EU-Taxonomie als ökologisch nach- haltig einzuordnen sind. Betroffen davon sind jene Unternehmen, die bereits jetzt gemäß Non Financial Reporting Directive (NFRD) auf der EU-Ebene – umgesetzt in Österreich über das Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG) – zur Offenlegung nicht-finanzieller Leistungsindikatoren verpflichtet sind. Nach der geplanten Änderung der NFRD-Richtlinie durch die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) wird der Kreis der unter Artikel 8 der Taxonomieverordnung fallenden Unternehmen ausgeweitet.

Die Schoellerbank hat jedenfalls ihren Umweltbericht bereits erweitert und plant eine Verschärfung ihrer Kriterien für nachhaltige Investments – Atomkraft ist übrigens schon seit Jahren ein Ausschlusskriterium.

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