Offene Immobilienfonds - der Ausweg aus dem Zinstal? - Analysebrief Nr. 311

  • Ein zweischneidiges Schwert: Immobilienfonds stehen bei Anlegern wieder hoch im Kurs, doch die Fondsmanager finden kaum noch passende Investitionsmöglichkeiten
  • Das Beste aus zwei Welten? Offene Immobilienfonds vereinen einige Vorteile von Wertpapieren und Immobilien
  • Zwischen zwei Fronten: Die Schließungen großer Immobilienfonds in der Vergangenheit haben gezeigt, dass offene Immobilienfonds auch ins Wanken geraten können
  • Ein zweiter Blick lohnt sich: Für Anleger ist es wichtig, nicht nur auf die historischen Renditen und die meist sehr volatilitätsarmen Kursverläufe zu achten. Ein etwas tiefergehender Blick,
  • z. B. auf Investitions- und Bargeldquoten sowie auf die Zusammensetzung des Immobilienportfolios, sollte jedenfalls riskiert werden

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Immobilienfonds verzeichnen Rekordzuflüsse

Offene Immobilienfonds konnten 2016 bei den Nettomittelzuflüssen ein neues Rekordjahr verzeichnen. Nachdem im bisherigen Rekordjahr 2015 bereits etwa 750 Millionen Euro zugeflossen waren, beliefen sich die Nettomittelzuflüsse 2016 auf ca. 1,1 Milliarden Euro (Quelle: Vereinigung österreichischer Investmentgesellschaften).

Fondsvolumen offene Immobilienfonds in Österreich

Quelle: Vereinigung österreichischer Investmentgesellschaften

Das Beste aus zwei Welten?

Offene Immobilienfonds vereinen einige Vorteile von Immobilien- und Wertpapierinvestments. Sie bieten die Sicherheit sowie das Ertragspotenzial von Sachwerten und zugleich einen gewissen Schutz vor Inflation. Dies insbesondere deshalb, weil sie bei hoher Inflation tendenziell selbst im Preis steigen und auch, weil die Mieteinnahmen in der Regel durch Klauseln in den Verträgen an Verbraucherpreissteigerungen angepasst werden.
Im Gegensatz zu einem Investment in ein Zinshaus oder andere Immobilien, kann in offene Immobilienfonds bereits mit sehr kleinen Beträgen investiert werden. Zusätzlich ist damit auch eine Risikostreuung möglich, da Immobilienfonds in eine Vielzahl von Objekten investieren. Zusätzlich sind die Kosten und der Aufwand des Investments bzw. De-Investments im Vergleich zu einem direkten Immobilienerwerb wesentlich geringer.

Offene Immobilienfonds als Sparbuchersatz?

Die genannten Vorteile lassen diese Fondskategorie für viele Anleger als Ersatz für Sparbuch & Co. erscheinen. Ein laienhafter Blick auf die Kurscharts der meisten österreichischen Immobilienfonds verstärkt diesen Eindruck noch: Es zeigt sich ein im Wesentlichen linearer Kursverlauf mit - zwar nicht spektakulären, aber stetigen - Kurszuwächsen und ohne nennenswerte Rückschläge.

Ein zweischneidiges Schwert

Für die Fonds selbst bedeuten die massiven Mittelzuflüsse und die steigenden Immobilienmärkte, dass die Auswahl geeigneter Investitionsobjekte immer schwieriger wird. Geeignet heißt in diesem Fall: Das Objekt muss nicht nur hinsichtlich Lage, Art und Transaktionsvolumen die Kriterien des Fonds erfüllen, sondern es muss auch eine entsprechende Renditeaussicht gegeben sein. In Zeiten eines verknappenden Immobilienangebots und hoher Mittelzuflüsse bieten sich den Fondsmanagern grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

  • Neue, in der Regel risikoreichere Märkte ins Portfolio aufnehmen (z. B. "B-Lagen", oder neue Länder bzw. Städte, z. B. neben Landeshauptstädten in Zukunft auch Bezirksstädte)
  • Immer mehr Mittel liquide halten, also das Kapital als Bankguthaben oder in schnell veräußerbaren und sicheren Wertpapieren (in der Regel Anleihen von sehr guter Bonität) parken

Vermehrt greifen Fonds auch zu der Strategie, in noch im Bau oder in Planung befindliche Projekte zu investieren. Dies bedeutet, dass bereits im Zeitraum bis zur Fertigstellung - oft mehrere Jahre - Kapital gebunden ist, welches noch keine Erträge bringt. Um sich aus dieser Zwickmühle zu befreien, haben einige offene Immobilienfonds bereits die Ausgabe von Anteilen eingeschränkt. Es ist also derzeit nicht oder nur in geringem Maße möglich, noch Anteile dieser Fonds zu erwerben. All das erinnert ein wenig an die Jahre 2007 bzw. 2008. Auch damals wurden einige offene Immobilienfonds quasi Opfer ihres eigenen Erfolgs. In jenen Tagen war es allerdings die Rücknahme von Anteilen, die ausgesetzt werden musste. Was war geschehen?

Die Krise von 2007/2008 als warnendes Beispiel

Viele Großanleger hatten hohe Mittel in offenen Immobilienfonds geparkt. In Zeiten, in denen Aktienmärkte fielen, dass einem angst und bang werden konnte, blieben die Immobilienfonds von Kursrückgängen hauptsächlich verschont. Großanleger mit Geldbedarf wollten die Realisierung von Verlusten bei Aktien vermeiden und veräußerten lieber die Anteile an Immobilienfonds.
Diese - zum Teil massiven - Kapitalabflüsse bedeuteten ein nicht minder massives Problem für die Immobilienfonds. Weil sich Immobilien nicht von heute auf morgen verkaufen lassen - bzw. unter Zeitdruck nur mit erheblichen Abschlägen - hatten die Fonds ein Liquiditätsproblem, das in letzter Konsequenz sogar zur erzwungenen Auflösung einiger Fonds führte.

Liquidation als Damoklesschwert

In Deutschland kam es nach der Krise von 2007/2008 zu gesetzlichen Änderungen, um ähnliche Szenarien zu vermeiden. Die Rückgabe der Anteile an offenen Immobilienfonds an die Fondsgesellschaft wurde erschwert. Aktuell müssen Anteile mindestens 24 Monate gehalten werden und können nur mehr unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist von 12 Monaten zurückgegeben werden. So soll verhindert werden, dass Fonds erneut in die Bredouille kommen, wenn eine zu hohe Summe von Anteilen in einem kurzen Zeitraum zurückgegeben wird. Die Ankündigungsfrist von einem Jahr soll den Fondsmanagern eine entsprechende Planung ermöglichen und verhindern, dass ständig große Liquiditätspolster gehalten werden müssen. Ein Verkauf über die Börse bleibt von diesen Vorgaben unberührt. Allerdings notieren die Fonds dort in der Regel mit einem Abschlag zum Rechenwert.
In Österreich gibt es keine derartige gesetzliche Regelung. Es gab jedoch auch keine Fonds, die - wie in Deutschland z. B. CS Euroreal, SEB ImmoInvest - in Folge einer Rücknahmeaussetzung von Anteilsscheinen aufgelöst werden mussten. Zudem ist der Anteil von Großanlegern hierzulande geringer, sodass ein Abwandern eines Investors geringere Auswirkungen hätte. Des Weiteren können die Anteile nach wie vor quasi täglich vom Anleger an die Fondsgesellschaft zurück gegeben werden. Dies erfordert allerdings auch, dass die Fonds ständig eine gewisse Liquiditätsreserve bereithalten müssen.

Liquiditätsreserve als Sicherheitspuffer

Wie steht es aktuell um die Investitions- bzw. Liquiditätsquote in den offenen Immobilienfonds? Die folgende Grafik zeigt den arithmetischen Durchschnitt aus den Vermögensbestandteilen der größten österreichischen offenen Immobilienfonds. Es zeigt sich, dass sich die durchschnittliche Immobilienquote von etwa 85% auf knapp 69% reduziert hat. Im Gegenzug stieg der Anteil von Bankguthaben und Wertpapieren. Dies bedeutet, dass die Immobilienfonds im Vergleich zu 2011 mehr Liquidität vorhalten. Dies dient einerseits dazu, um eine Reserve für hohe Abflüsse zu haben. Es deutet andererseits aber auch darauf hin, dass nicht mehr genügend Immobilieninvestments zur Verfügung stehen. Im aktuellen Zinsumfeld bewirkt eine hohe Bargeldquote eine tendenziell geringere zu erwartende Rendite.

Vermögensbestandteile der größten offenen Immobilienfonds in Österreich

Quelle: eigene Darstellung (arithmetische Durchschnittswerte Real Invest Austria, Erste Immobilienfonds, Immofonds 1, Raiffeisen Immobilienfonds und Semper Real Estate)

Fazit: Kein einfacher Ausweg aus dem Zinstal

Eine im Grunde stetige Kursentwicklung und historische Renditen über der Verzinsung von Sparbuch & Co. mögen offene Immobilienfonds als DIE Anlagealternative erscheinen lassen. Die Attraktivität wird durch den Immobilienboom und die Möglichkeit, auch mit kleinen Beträgen und ohne hohen Aufwand sowie Nebenkosten investieren zu können, zusätzlich noch verstärkt. Doch ein zweiter, genauerer Blick lohnt sich. Aktuell ist die Investitionsquote der Fonds tendenziell geringer, da die hohen Zuflüsse nicht mehr einfach veranlagt werden können. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass die Erträge geringer als erwartet ausfallen. Zudem sollte dem Anleger bewusst sein, dass manche Fonds versuchen könnten, die geringere Investitionsquote durch ein höheres Risiko auszugleichen. Es zahlt sich also aus, das Immobilienportfolio genauer unter die Lupe zu nehmen. Zudem muss die Investition auch in das Gesamtbild und die Vermögensstruktur des Investors passen. Als Beimischung im Portfolio sind offene Immobilienfonds eine gute Wahl, doch auch sie bieten keinen einfachen Ausweg aus dem aktuellen Zinstal.

Autor: Mag. (FH) Stefan Kerschbaumer, CFP® Wealth Advisory - Financial Planning & Specific Investments Schoellerbank AG Tel. +43/662/86 84-2391
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