Aktien: Die Illusion des perfekten Ein- und des rechtzeitigen Ausstiegs - Analysebrief Nr. 314

  • Wer langfristig Qualitätsunternehmen zu fairen Preisen erwirbt, wird zufriedenstellende Ergebnisse erzielen
  • Wer auf kurzfristiges Market-Timing setzt, wird Schiffbruch erleiden
  • Wer wenige der besten Tage am Aktienmarkt verpasst, reduziert massiv den Gewinn
  • Wer emotionale Entscheidungen trifft, wird wahrscheinlich tief verkaufen (aus Angst) und hoch kaufen (Gier)
  • Wer ein Vermögen erhalten oder aufbauen will, kommt an Aktien nicht vorbei

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Schoellerbank Analysebrief Nr. 314177 KB

Seit einigen Monaten haben die Bullen an den Börsen die Oberhand. Glücklich, wer in Aktien investiert ist. Doch das ist in Österreich und Deutschland nur ein kleiner Teil der Bevölkerung. Je nach Statistik dürften wir uns hier im einstelligen Prozentbereich bewegen. Und nur jeder fünfte interessiert sich überhaupt für das Thema Aktien. Wenn Sie diesen Analysebrief lesen, gehören Sie einem exklusiven Kreis an. Auch wenn das Interesse absolut gesehen gering ist, steigt es zusammen mit den Börsenkursen. Und so mancher Anleger in spe fragt sich: "Soll ich noch einsteigen?" In dieser Frage liegt das ganze Dilemma unserer Aktienkultur. Es gibt keine Antwort auf diese Frage. Gegenfragen sind das einzige Mittel der Aufklärung:

  • Wie entstanden die großen Vermögen? Durch langfristige Beteiligung an einem erfolgreichen Geschäftsmodell oder durch dauerndes rein und raus?
  • Wie viele Leute kennen Sie, die erfolgreich über Jahrzehnte immer wieder am Tief kauften und bei Höchstständen verkauften? Bernard Baruch kannte übrigens die Antwort auf diese Frage. *
  • Aber der Fragesteller gibt noch etwas anderes preis: Er oder sie glaubt, dass es so etwas wie den perfekten Einstiegszeitpunkt gibt. Und dass es jemanden gibt, der die Frage danach beantworten kann.
*) Bernard Baruch lebte von 1870-1965 und galt laut Wikipedia eine Zeitlang als "König der Wall Street". Er sagte: "Don’t try to buy at the bottom and sell at the top. This can’t be done - except by liars." Was übersetzt so viel heißt wie: Versuche nicht zum Tiefstkurs zu kaufen und zum Höchstkurs zu verkaufen. Das schafft keiner - außer Lügner.

Und tatsächlich kann ich Ihnen perfekte Einstiegstage nennen: 9. März 2009, 19. August 2011 oder 11. Februar 2016. So sieht das ganze grafisch aus:

Quelle: Bloomberg; Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

Ok, das war jetzt billig. Rückblickend ist es natürlich einfach. Aber das ist genau das Problem: Niemand kennt die Zukunft. Natürlich wird es heute nicht der "perfekte" Einstiegszeitpunkt sein. Aber vielleicht steigen die Märkte noch 30% bevor sie dann 10% korrigieren, um dann weitere 20% zu steigen. Dann war das Warten auf diesen Zeitpunkt nicht sinnvoll. Die Schoellerbank Vermögensverwaltung erhöhte am 15. Januar 2009 und am 19. Januar 2012 die Aktienquote. Einmal waren wir knapp zwei Monate zu früh und das andere mal fünf Monate zu spät, um den "perfekten" Einstiegszeitpunkt zu erwischen. Doch eines ist gewiss: Die Entscheidungen waren allemal "gut genug", was ein kurzer Blick auf den obigen Chart bestätigt. Im Februar 2016 waren wir bereits "übergewichtet" in Aktien. Dennoch gab es am 10. Februar 2016 eine Aussendung an unsere Kunden. Dort war unter anderem folgendes zu lesen: "Jetzt ist die Zeit des Kaufens. Niemand weiß wie tief die Aktien fallen werden. Den Boden wird man erst im Rückblick kennen. Um attraktive Renditen zu erzielen, muss man nicht den Tiefpunkt erraten." An diesem Tag erwischten wir mit unserer Aussendung allerdings den Tiefpunkt an den Aktienmärkten. Das wussten wir erst im Nachhinein. Und es war reines Glück. Die Vergangenheit zeigt, dass es durchaus möglich ist, bei tieferen Kursen Zukäufe zu machen wenn man sich auf die Bewertung der Unternehmen konzentriert und sich nicht von einer panischen Marktstimmung verunsichern lässt. Und das ist auch der Knackpunkt: Wer noch nicht investiert ist, lässt sich zu diesen Zeitpunkten kaum zu einem Einstieg überzeugen. Das Interesse an den Aktienmärkten ist gering und die Angst groß. Erst wenn die Kurse wieder weit höher sind, beruhigt sich unser Stammhirn und ein Einstieg wird wieder erwogen. Aber sind die Kurse dann nicht bereits zu hoch? Ein Dilemma!

In jedem Bereich hört man auf die Experten. Ob es nun der begnadetste Tischler oder der geschickteste Hirnchirurg ist - die Meinung in ihrem Fachgebiet hat Gewicht. Leider gibt es in der Investmentindustrie viele selbsternannte Experten, die nie um eine Meinung verlegen sind. Warren Buffett sagte bereits vor dreißig Jahren ganz richtig: "Die Wall Street ist der einzige Ort, an dem Leute im Rolls Royce vorfahren, um sich von Menschen beraten zu lassen, die mit der U-Bahn kommen." ** Darum macht es Sinn, die Spreu vom Weizen zu trennen und sich an Leuten zu orientieren, die über Jahrzehnte erfolgreich waren und ein immenses Vermögen aufbauten. Das sind die Menschen, von denen man lernen soll. Wer ist dafür bestens geeignet? Wir haben ihn gerade zitiert: Warren Buffett. Er sagte am 27. Februar auf CNBC: "Wenn es ein Spiel gibt, das sehr gut ist für den Rest Deines Lebens, dann ist die Idee draußen zu bleiben weil Du denkst, Du weißt wann Du einsteigen musst, ein furchtbarer Fehler."*** Und er sagte auch: "Aktien sind sicher auf lange Sicht, aber sehr unsicher für morgen."**** Damit ergibt sich eine klare Empfehlung und eine Antwort auf die Frage: "Soll ich jetzt einsteigen?" Ein Teil des Vermögens, das man für lange Zeit nicht braucht - wir sprechen hier von mehr als zehn Jahren - sollte in erstklassige Aktien investiert werden. Es sollte aber auch trockenes Pulver vorhanden sein, um bei Rückschlägen großartige Unternehmen zu billigeren Preisen nachzukaufen. Damit ist auch die Frage nach dem perfekten Ausstiegszeitpunkt geklärt. Den gibt es nämlich nicht. Spielen wir das obige Beispiel mit den perfekten Kaufzeitpunkten umgekehrt durch. Nehmen wir an, Sie hätten im Jahr 2011 eine funktionierende Glaskugel gehabt und am Höchststand im Februar 2011 verkauft. Der darauf folgende Einbruch von 20% wäre Ihnen damit erspart geblieben. Aber was dann? Wären Sie je wieder eingestiegen oder hätten Sie die darauf folgende Verdoppelung bis heute verpasst? Der Anlagehorizont war über zehn oder zwanzig Jahre. Wäre es nicht viel gewinnbringender gewesen, im Rückschlag weitere Gelder zu investieren und vom darauf folgenden Aufschwung noch mehr zu profitieren? Rückschläge an den Börsen sind etwas völlig Normales. Als Anleger muss man damit leben. Um dieses Auf und Ab an den Märkten fassbarer zu machen, zeigen wir unseren Kunden vor Abschluss einer Vermögensverwaltung die maximalen Rückschläge, welche die jeweilige Variante über die letzten 25 Jahre erlitten hat. Dadurch soll das Schwankungsrisiko greifbarer gemacht werden. Bei jedem Termin mit potenziellen Vermögensverwaltungskunden zeige ich diese Folien und garantiere, dass sie diese Rückschläge auch in Zukunft erleben werden. Das kann konkret so klingen: "Beim Platzen der Technologieblase und in der Finanzkrise erlitt dieses Portfolio einen Rückschlag von über 20%. Irgendwann werden wir wieder so einen Rückschlag erleben. Angenommen Sie investieren heute eine Million Euro und in einem Jahr steht auf dem Bericht achthunderttausend. Halten Sie das aus?" Jeder Kunde meint, dass sie oder er den jeweiligen Rückschlag locker aushält. In den tatsächlichen Bärenmärkten stellt sich dann heraus, wie viel sie wirklich ertragen. Begleitet werden fallende Märkte immer von einer veränderten Nachrichtenlage. Eine alte Börsenweisheit besagt: "Die Börsenkurse machen die Nachrichten - nicht umgekehrt." *****Entsprechend düsterer werden die Meldungen. Und so wie man zuvor einfach kaufen musste, scheint plötzlich der Verkauf die einzig mögliche Option.

**) "Wall Street is the only place that people ride to in a Rolls Royce to get advice from those who take the subway."
***) If there's a game it's very good to be in for the rest of your life, the idea to stay out of it because you think you know when to enter it is a terrible mistake. Quelle: video.cnbc.com
****) But stocks are safe for the long run and they're very unsafe for tomorrow. Quelle: video.cnbc.com
*****) The news doesn’t make the market, rather the market makes the news.

Wer ein Qualitätsunternehmen hält und verkaufen will, um es billiger wieder zu kaufen - denn das ist ja die Absicht - muss drei gute Entscheidungen treffen. Die erste Entscheidung ist der richtige Verkaufszeitpunkt. Die zweite Entscheidung ist der optimale Zeitpunkt zum Wiedereinstieg. Und die dritte Entscheidung ist jene darüber, was zwischenzeitlich mit dem Geld geschehen soll. Es ist nahezu ausgeschlossen, weitere gute drei Entscheidungen zu treffen. ****** 1. Der Anleger verkauft und die Aktienmärkte fallen weiter. 2. Der Anleger verkauft und die Aktienmärkte steigen wieder. Bei Variante 1 gratuliert er sich und erzählt stolz, dass er draußen und damit nicht mehr betroffen ist. Psychologisch will er, dass diese Entscheidung maximiert wird. Ähnlich wie bei Kursgewinnen, beginnt er vorzurechnen, was die Entscheidung bereits gebracht hat. Bei Variante 2 sieht er in den steigenden Kursen lediglich eine Gegenbewegung, die sicherlich bald durch weitere Verluste zunichte gemacht werden wird. In beiden Szenarien kommt kaum einer je wieder in den Markt. Und wenn, dann zu weitaus höheren Kursen als zum Zeitpunkt des Verkaufs. Deshalb macht es am meisten Sinn, langfristig investiert zu bleiben. Das gilt für einzelne Aktien aber auch für ein sinnvolles Portfolio eines Vermögensverwalters. Der (oft von Buffett zitierte) Investor Philipp A. Fisher schrieb bereits in seinem 1958 publizierten Buch "Common Stocks and Uncommon Profits" über die Herausforderungen des Market Timings (frei übersetzt): "Wenn das Unternehmen passt, wird der Aktienkurs im nächsten Bullenmarkt neue Höchststände erklimmen. Wann soll also (nach einem Verkauf) wieder zurückgekauft werden? Theoretisch nach dem kommenden Rückgang. Das setzt jedoch voraus, dass der Investor weiß, wann der Rückgang enden wird. Ich habe viele Investoren gesehen, die aussichtsreiche Aktien aus Angst vor einem kommenden Bärenmarkt verkauften. Oftmals kam der Bärenmarkt aber nicht und die Aktien stiegen weiter. Wenn ein Bärenmarkt kam, hab ich nicht in einem von zehn Fällen gesehen, dass der Investor tatsächlich die gleichen Aktien zurückkaufte, bevor sie wieder über den Verkaufspreis stiegen. Gewöhnlich wartete er darauf, dass die Aktie noch tiefer fällt - oder, wenn sie wirklich stark gefallen war - hielt ihn die Angst, dass etwas anderes geschehen könnte, von einem Rückkauf ab. ******* Man sieht, die Problematik ist altbekannt. Vieles mag sich seit damals geändert haben. Aber eines ist gewiss: Der Mensch bleibt der gleiche. Mit all seinen Ängsten und Hoffnungen.

******) Drei "weitere" gute Entscheidungen, da die erste Entscheidung, das Qualitätsunternehmen zu kaufen, bereits eine gute war. Spielen wir die Szenarien durch.
*******) Common Stocks and Uncommon Profits and Other Writings, Philipp A. Fisher, John Wiley & Sons, Inc., 2003"

Noch ein anderer Aspekt ist zu beachten im Spiel um den vermeintlich richtigen Kauf- und Verkaufspunkt: Verpasst man nur wenige der besten Börsentage, sinkt die Rendite enorm. Auf Bloomberg ist der MSCI Weltaktienindex inklusive Nettodividenden ab dem Jahr 2001 auf täglicher Basis verfügbar. Seit diesem Zeitpunkt lieferte der Index der größten Aktien weltweit eine jährliche Rendite von 3,8% in Euro.******** Wie hoch wäre die Rendite wenn sie über diese 16 Jahre (über 4.200 Handelstage) nur die 10 besten Tage verpasst hätten? Erstaunlicherweise sinkt die Rendite auf äußerst schmale 0,3%. Interessant ist, wann diese Tage stattfanden. Alle im Zuge der Finanzkrise 2008/2009 und bei Platzen der Technologieblase 2002/2003. Damit ist klar: Wer an den besten Tagen investiert sein will, muss mit Bärenmärkten leben können. Übrigens, einige der schlechtesten Tage fanden natürlich auch 2008 statt (wir erinnern uns an den Untergang von Lehman Brothers), aber der drittschlechteste Tag (mit -5,9%) war im August 2015. Es zeigt sich, dass der Wunsch, an den besten Tagen investiert zu sein aber die schlechtesten zu vermeiden, leider nie Wirklichkeit werden wird.

********) Die Rendite ist relativ spärlich, da der Startzeitpunkt genau vor dem Platzen der Technologieblase lag und der Index sich bis März 2003 halbierte. Und übrigens: Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

Fazit

Zusammenfassend möchte ich allen langfristig denkenden Investoren eine Wette anbieten: Ich wette, dass der Weltaktienindex inklusive Nettodividenden in Euro über die nächsten zehn Jahre eine höhere Rendite abwerfen wird als eine 10-jährige Staatsanleihe der Republik Österreich oder Deutschland. Niemand weiß, wie die nächsten Wochen, Monate oder sogar Jahre aussehen werden. Aber langfristig bleibt die Aktie das vielversprechendste Instrument zum Vermögensaufbau.

Autor: Robert Karas, CFA Leiter Asset Management Schoellerbank AG Tel. +43/662/86 84-2692
Rückfragen bitte auch an: Marcus Hirschvogl, BA Pressesprecher Schoellerbank AG Tel. +43/1/534 71-2950 1010 Wien, Renngasse 3

Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs, die als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage gilt. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Vorsorgemanagement. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto "Investieren statt Spekulieren". Die Schoellerbank ist mit 10 Standorten und 317 Mitarbeitern die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für private und institutionelle Anleger ein Vermögen von mehr als 11 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria.

Mehr Informationen unter: www.schoellerbank.at

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