Kapitalmarktausblick - 3 Quartal 2023

  • Inflation sinkt wieder - noch zu früh für tatsächliche Entwarnung
  • Aktien im ersten Halbjahr positiv - Rest des Jahres hängt von Konjunktur ab
  • Künstliche Intelligenz - mehr als nur ein Modetrend?

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Die Dynamik der Inflation kann man sich wie einen Zug vorstellen, der in einen Tunnel fährt. Während die Lokomotive zuallererst in die Finsternis eintaucht, sind die Waggons am Ende des Zugs noch im Tageslicht unterwegs. Insbesondere das verarbeitende Gewerbe bekam im vergangenen Jahr die Auswirkungen der Preissteigerung wichtiger Rohstoffe und Vorprodukte zu spüren. Für die Verbraucher:innen warfen die hohen Energiepreise bereits einen Schatten des Ungemachs voraus. Aber so richtig kam der gesamte Zug erst dieses Jahr im Tunnel an. Ob Miete, Dienstleistungen oder staatliche Abgaben: In allen Lebensbereichen steigen die Preise.
Die gute Nachricht ist, dass die vorderen Wagen das Ende des Tunnels schon sehen können. Die Preise für Energie und Rohstoffe sind heuer auf den Weltmärkten bereits deutlich gesunken, und die Lieferkettenprobleme scheinen weitgehend gelöst. Die Hoffnung ist daher berechtigt, dass die hinteren Wagen nun auch bald Tageslicht sehen werden.
Damit sind die Probleme jedoch nicht gelöst, denn die Preise sinken nur in gewissen Segmenten wieder auf die alten Niveaus, zum Beispiel bei der Energie. In Summe werden die Konsument:innen also in Zukunft mehr bezahlen müssen. Und auch die Zinsen werden nicht so rasch sinken.
Die Notenbanken können angesichts der beginnenden Normalisierung bei der Teuerung nicht wieder in alte Muster - nämlich niedrige Zinsen - zurückfallen. Die Erfahrung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass die Niedrigzinspolitik auch ihre Schattenseiten hat. Diese geopolitischen Lehren werden nicht so schnell vergessen sein das Zinsniveau wird daher vorerst nicht sinken, eher im Gegenteil.
Es ist davon auszugehen, dass die Geldmarktzinsen in Europa in diesem Jahr noch steigen werden. Die EZB dürfte den Einlagensatz, der für den EURIBOR-Interbankzinssatz bestimmend ist, im zweiten Halbjahr von 3,5 % auf 4 % erhöhen. Die längeren Zinssätze - Interbankzinsen für fünf Jahre und mehr - sind aber niedriger. Das deutet darauf hin, dass die Finanzmärkte nicht damit rechnen, dass die Geldmarktzinsen über viele Jahre so hoch bleiben werden.
Auch das hat einen Grund. Nicht nur sehr niedrige, sondern auch hohe Zinsen stellen ein Risiko dar. Angesichts der steigenden Verschuldung von Staaten und des Privatsektors wird der Schuldendienst aufgrund höherer Zinsen teurer. Das wird zu mehr Insolvenzen führen als in den Niedrigzinsjahren. Diese Entwicklung ist zu einem bestimmten Grad als konjunkturelle Normalität anzusehen, darf jedoch nicht in einen Flächenbrand münden.
Aktienmärkte begrüßen sinkende Inflationsraten
Die Börsen starten positiv in den Sommer. Die Sorgen wegen einer möglichen Rezession lassen nach, und zwar nicht aufgrund der plötzlich fehlenden wirtschaftlichen Abkühlung, sondern weil diese im Ergebnis wenig bedrohlich ist und sogar gute Seiten aufweist. Wenig bedrohlich ist sie deshalb, weil der Arbeitsmarkt weiterhin fest ist und auch die Unternehmensgewinne ungebrochen sprudeln. Zudem ist erfreulich, dass die Energiepreise aufgrund der konjunkturellen Delle nun auf breiter Front sinken.
Doch die positive Entwicklung auf dem Aktienmarkt ist heterogen. Europäische Aktien, die vergangenes Jahr noch um ihre Energieversorgung zitterten und daher stark abverkauft wurden, haben heuer gegenüber den USA wieder Boden gutgemacht. Auf dem US-Markt werden vorwiegend Anteile von Firmen gekauft, die etwas mit dem Thema künstliche Intelligenz zu tun haben. Nur wenige Titel haben den Index getrieben, während die Kurse der meisten US-Unternehmen aufgrund zurückhaltender Investor:innen stagnierten. Die Aktienmärkte sind aber jüngst ob des guten konjunkturellen Ausblicks wieder optimistischer geworden, und die Börsenrallye hat sich verbreitert. Für Schnäppchenjäger:innen bieten sich noch Gelegenheiten.
Künstliche Intelligenz quo vadis?
Wir halten in der Regel wenig von Modethemen bei Investments auf den Finanzmärkten. Doch die künstliche Intelligenz wollen wir uns einmal genauer ansehen. Was ist künstliche Intelligenz eigentlich? Der brillante Mathematiker Alan Turing hat in den 1950er-Jahren als Erster einen damals noch rein hypothetischen Test entworfen, um die künstliche Intelligenz nachzuweisen. Wenn eine Maschine eine Frage so beantwortet, dass ein Mensch nicht mehr erkennen kann, ob die Antwort von Mensch oder Maschine stammt, dann handle es sich um künstliche Intelligenz.
Mittlerweile kann jede:r den Turing-Test an einem der frei zugänglichen Chat-Bots vornehmen und sich fragen, ob dieser Test ein sinnvolles Ergebnis liefert. Doch Anleger:innen sollten sich noch andere Fragen stellen zum Beispiel, wie sich die entstehenden Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz auf die Geschäftsmodelle der Unternehmenswelt auswirken werden, welche Unternehmen zu den Gewinnern zählen werden und ob es vielleicht auch Verlierer gibt. Auch die Frage, ob und wie diese neuen Entwicklungen reguliert werden, ist zu bedenken.
Viele Anleger:innen können sich noch an die Dotcom-Blase Anfang der 2000er-Jahre erinnern. Damals haben Analyst:innen völlig zutreffend vorhergesagt, dass das Internet zu fulminanten Veränderungen in allen Lebensbereichen führen würde. Doch diejenigen, die daraus abgeleitet haben, dass jedes Unternehmen, das "com" im Namen trägt, zu den Gewinnern zählt, wurden enttäuscht. Viele "Dotcoms" gingen rasch pleite, während es die meisten der heute dominierenden Internet-Riesen damals noch gar nicht gab.
Die heutige Situation erinnert an den Internetwahn des beginnenden Jahrtausends. Das heißt freilich nicht, dass es so enden muss wie damals. Vieles spricht dafür, dass diejenigen Unternehmen, die bereits die Online-Welt dominieren, auch in Sachen künstliche Intelligenz die Nase vorne haben werden. Sie verfügen über das Kapital, das Know-how und die Ausdauer, um jeden potenziellen kleineren Rivalen auszuschalten. So machen es die IT-Riesen seit vielen Jahren: selbst entwickeln oder aufkaufen Konkurrenz wird nicht zugelassen.
Es ist jedoch auch denkbar, dass dieses Geschäftsmodell an seine Grenzen stößt. Die Gesellschaft beobachtet die wachsende Macht der Datengiganten schon seit Längerem mit Argusaugen. Werden sie auch bei der künstlichen Intelligenz den Löwenanteil für sich beanspruchen dürfen? Daher sollten Anleger:innen auch bedenken, dass Regulierungs- und Wettbewerbshüter in Zukunft ein stärkeres Mitspracherecht haben werden, was sich auf diese Aktien eher negativ auswirken könnte.
Fazit:
Es kann noch einige Zeit dauern, bis die Auswirkungen dieser aufregenden Technologie offensichtlich werden. Bis dahin müssen Anleger:innen nicht an der Seitenlinie bleiben. Es gibt viele starke Unternehmen mit angemessenen Bewertungen, die von den Vorteilen künstlicher Intelligenz profitieren können. Es müssen nicht nur Technologieunternehmen sein. In vielen Herstellungsprozessen und Dienstleistungen werden intelligente Maschinen Prozesse vereinfachen und Kosten senken. Möglicherweise sind es dieses Mal sogar die am wenigsten technologielastigen Unternehmen, die am meisten profitieren werden ganz einfach deshalb, weil diese neue Technologie bisher ungenutzte Potenziale heben kann.
Anleger:innen können heute optimistisch in die Zukunft blicken. Sowohl bei Anleihen als auch bei Aktien bestehen gute Ertragschancen. Allerdings darf der gesunde Menschenverstand des Vermögensverwalters - wir nennen das einen soliden Anlageprozess - nicht außer Acht gelassen werden. Denn angesichts steigender Zinsen sind auch die Risiken erhöht. In Zukunft sollten Anleger:innen also weiterhin auf Qualität und Bewertung achten

Mag. (FH) Jakob Frauenschuh, CFA
Leiter Aktien Investment Management & Strategy
Schoellerbank AG

Hinweis: Schoellerbank AG, Stand 30.Juni 2023

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Stand: 30. Juni 2023

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