Ausgestoppte Verträge der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge - Schoellerbank Analysebrief Nr. 234, August 2013

  • Viele Verträge der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge wurden "ausgestoppt" - was bedeutet das und welche Konsequenzen ergeben sich für den Anleger?
  • Mögliche Handlungsalternativen sind Rückkauf, Prämienfreistellung oder Umstieg auf ein neues Produkt. Wir zeigen die Auswirkungen dieser Optionen auf.
  • Die Reform der Zukunftsvorsorge vom 01.08.2013 hat für neue Verträge nur geringfügige Verbesserungen hinsichtlich der Gefahr des Ausstoppens gebracht. Die Zukunftsvorsorge bleibt weiterhin ein Instrument mit einigen Vor-, aber auch Nachteilen - diese sollte ein potenzieller Anleger kennen und für seine individuelle Situation bewerten.

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Was bedeutet "ausgestoppt"? In Zusammenhang mit der Reform der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge, welche per 01.08.2013 in Kraft getreten ist, waren vermehrt Meldungen über sogenannte "ausgestoppte" Verträge in den Medien zu finden. Ausgestoppte Veranlagungen gibt es in erster Linie seit der Finanzkrise und dies nicht nur bei der Zukunftsvorsorge, sondern generell bei Finanzprodukten, die mit einer Garantie ausgestattet sind. Als ausgestoppt gilt ein Vertrag dann, wenn der Aktienanteil sich derart schlecht entwickelt hat, dass der sichere Anteil (z. B. Anleihen, Deckungsstock etc.) gerade noch dazu ausreicht, die gegebene Kapitalgarantie am Laufzeitende zu erreichen. Der Aktienanteil muss verkauft und in Anleihen umgeschichtet werden. Es wird nur noch in sichere Wertpapiere veranlagt, um das Erreichen der Kapitalgarantie abzusichern. Für den Anleger ist an dieser Situation besonders schmerzlich, dass auch eine Investition weiterer Prämien in Aktien ab dem Zeitpunkt des "ausgestoppt sein" nicht mehr bzw. nur noch zu einem sehr geringen Teil möglich ist. Eine Partizipation an zukünftigen Kursanstiegen der Aktienmärkte ist daher gänzlich oder zum überwiegenden Teil ausgeschlossen. Man ist also im klassischen Sinne ausgestoppt. Gemäß der aktuellsten verfügbaren Studie der FMA zu diesem Thema ("Der Markt für die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge 2011") waren 56.312 Verträge per 31.12.2011 als ausgestoppt gemeldet. Dies entsprach rund 3,5% der Verträge bzw. etwa 5,7% des verwaltenden Vermögens und erscheint, bezogen auf die Gesamtzahl von Verträgen, auf den ersten Blick nicht besonders dramatisch. Neben den ausgestoppten Verträgen werden in der Studie der FMA auch Verträge mit einer "minimalen ertragswirksamen Aktienquote", sie wird mit weniger als 2% definiert, ausgewiesen. Diese Verträge sind zwar nicht als ausgestoppt gemeldet, aufgrund der sehr geringen Aktienquote kann aber hinsichtlich der Erträge ebenfalls nicht mit Quantensprüngen gerechnet werden.

Es besteht jedoch hier zumindest noch die Hoffnung, durch zukünftige Kursanstiege und neue Beiträge wieder einen etwas höheren Aktienanteil aufzubauen. Der Anteil der Verträge in dieser Kategorie betrug per 31.12.2011 ca. 30,6% des verwalteten Vermögens in der Zukunftsvorsorge, was doch einen beträchtlichen Anteil darstellt. Auch bei diesen Verträgen besteht für die Anleger die Gefahr, am Ende der Laufzeit nur die garantierten Beträge oder nur unwesentlich mehr zu erhalten. Ausgestoppt - wie kam es dazu? Das oben angesprochene Dilemma zwischen der Garantie auf die eingezahlten Prämien sowie die staatliche Prämie tritt bei stark fallenden Aktienkursen zu Tage. Insbesondere bei jenen Verträgen, die nach dem sogenannten CPPI-Modell (Constant Proportion Portfolio Insurance) veranlagt wurden, kommt es zu einem Problem, wenn die Aktienkurse sehr stark zurückgehen. Es muss dann in sichere Assets (in der Regel Anleihen) umgeschichtet werden, um die Kapitalgarantie am Ende der Laufzeit halten zu können. Dieses "Phänomen" beschränkt sich jedoch nicht auf die Zukunftsvorsorge. Generell können Garantiefonds nach diesem Konzept davon betroffen sein. Bei einem entsprechenden Kursrückgang muss der Aktienanteil bis auf null reduziert werden und der Anleger kann in der Folge nicht mehr von möglichen Kursanstiegen in der Zukunft profitieren. Im Falle der Zukunftsvorsorge werden dann auch die weiteren Einzahlungen nicht oder kaum in Aktien investiert, um am Ende der Laufzeit die Garantie auf Beiträge und staatliche Prämien halten zu können. Ausgestoppt - na und? Der Anleger sitzt also de facto auf einem Vertrag ohne Aktienanteil und wird am Ende der Laufzeit wohl kaum mehr als seine Beiträge zuzüglich der staatlichen Prämien erhalten. Auf den ersten Blick klingt eine Garantie der eigenen Beiträge sowie der staatlichen Prämie nicht übel - vor allem, wenn man an die Prämienhöhen der ersten Jahre denkt (z. B. 2003: 9,5%, 2004 und 2005: 9%). Dabei muss man jedoch bedenken, dass zum einen die Prämie ab 2012 deutlich reduziert wurde (4,25%) und zum anderen nur auf die jeweils eingezahlten Beiträge (bis zu einer Höchstgrenze von EUR 2.445,55 für 2013) geleistet wird und nicht auf das gesamte Vertragskapital. Als einfaches Beispiel nehmen wir an, dass am 01.01.2003 ein Vertrag mit der höchstmöglich geförderten Prämie abgeschlossen wurde und somit auch die Höchstprämie lukriert. Aus Vereinfachungsgründen wird angenommen, dass die Einzahlungen bzw. auch die Prämiengutschrift jeweils zum Jahresbeginn erfolgen. Dies ergibt über die Mindestlaufzeit von 10 Jahren eine Gesamtbeitragsleistung von EUR 21.218,- sowie staatliche Prämien in Höhe von EUR 1.808,3 und somit eine Mindestablaufleistung von EUR 23.027,26. Über die 10 Jahre stellt dies eine durchschnittliche jährliche Verzinsung von ca. 1,54% dar. Es ist zudem anzumerken, dass dieser Betrag nicht einmal entnommen werden kann, sondern widmungsgemäß in eine Rentenversicherung oder ähnliches übertragen werden muss. Bei einem Blick auf die Daten zum Verbraucherpreisindex zeigt sich, dass auch bei konstant bleibenden Inflationsraten von realem Kapitalerhalt keine Rede sein kann. Sind alle Verträge der Zukunftsvorsorge betroffen? Es sind nicht alle Verträge betroffen. Hauptsächlich handelt es sich um jene Verträge, die nach dem CPPI-Modell gemanagt werden. Eine generelle und unwissenschaftliche kurze Recherche mit einer bekannten Internetsuchmaschine bezüglich der Schlagworte "Zukunftsvorsorge" und "ausgestoppt" zeigt, dass in vielen Meldungen Versicherungsanbieter beteuern, dass gerade ihre eigenen Produkte nicht ausgestoppt wurden. Für den Versicherungsnehmer bleibt daher im Einzelfall nur die konkrete Nachfrage beim Versicherungsunternehmen bzw. beim Vermittler.

Welche Handlungsmöglichkeiten bestehen? Falls man Gewissheit hat, dass der Vertrag ausgestoppt wurde oder nur mehr eine minimale ertragswirksame Aktienquote beinhaltet, sollte die weitere Vorgehensweise vor allem unter Betrachtung der verbleibenden Restlaufzeit erfolgen. Die persönlichen Verhältnisse sowie die gesamtheitliche finanzielle Situation sind weitere, generelle Entscheidungsfaktoren. Aufgrund der gesetzlichen Regelungen ist ein Rückkauf erst nach einer Laufzeit von 10 Jahren (derzeit also erst für bereits 2003 abgeschlossene Verträge) möglich. Ein Rückkauf, also eine einmalige Kapitalentnahme, hat jedoch schwerwiegende Nachteile. Es müsste die Hälfte der Prämien zurückgezahlt und etwaige Gewinne versteuert werden, zudem fällt die Kapitalgarantie. Für die Inhaber eines ausgestoppten Vertrages scheint dies daher oft keine gute Option. Das Erfragen des Rückkaufwertes bei der Versicherungsgesellschaft bringt hier ohnehin rasch Ernüchterung. Falls die 10 Jahre Mindestlaufzeit noch nicht abgelaufen sind bzw. ein Rückkauf aufgrund der nachteiligen Regelung keine Option ist, scheint eine Prämienfreistellung in den meisten Fällen sinnvoll. Die dabei eingesparten Beträge können dann anderweitig veranlagt werden. Dies zieht allerdings den Verzicht auf staatliche Prämien und die Kapitalgarantie auf die dann nicht mehr erfolgenden Beiträge nach sich. Im Gegenzug bedeutet es allerdings, dass die frei werdenden Mittel individuell und flexibel veranlagt werden können.

Bei Verträgen mit einer kurzen verbleibenden Restlaufzeit ist die Variante einer Prämienfreistellung und des Aussitzens der verbleibenden Laufzeit meist die sinnvollste Vorgangsweise. Ist das Ende der Mindestlaufzeit noch in weiter Ferne, so hat man mehrere Möglichkeiten. Einerseits kann man hoffen, dass der Vertrag die zu leistende Garantie erwirtschaften kann und in Zukunft wieder eine umfangreichere Investition in Aktien möglich wird. Im Endeffekt gilt es abzuschätzen, ob am Vertragsende realistischerweise mehr als die garantierte Summe ausbezahlt werden kann. Dass sich diese Hoffnung erfüllt, ist jedoch nicht garantiert und so wäre möglicherweise ein Umstieg in ein anderes Produkt die bessere Wahl. Hier sollte man mit dem Anbieter in Kontakt treten und versuchen, einen spesenfreien Umstieg unter Wahrung der Kapitalgarantie zu erreichen. Dabei muss man jedoch bedenken, dass ein Neuvertrag generell neue Kosten verursacht, falls diese nicht zur Gänze vom Anbieter erlassen werden. Die Gefahr eines neuerlichen Ausstoppens ist, in Abhängigkeit von der Aktienquote und dem Absicherungskonzept, dann wieder gegeben. FAZIT Eine etwas differenziertere Betrachtung des Themas "staatlich geförderte Zukunftsvorsorge" zeigt, dass es sich bei diesem Produkt keineswegs um ein "Wald- und Wiesenproduk" handelt. Den offensichtlichen, weil häufig angepriesenen Vorteilen (staatliche Prämie, Kapitalgarantie) stehen auch einige Einschränkungen gegenüber. Dies sind vor allem die Mindestlaufzeit, die Mindestaktienquote und die Tatsache, dass eine Einmalentnahme, egal ob zu Laufzeitende oder durch vorzeitigen Rückkauf, hinsichtlich der Besteuerung, der staatlichen Prämien und der fehlenden Kapitalgarantie stark benachteiligt ist. Weitere wichtige Punkte, die vor Abschluss eines Vertrages überlegt werden sollten, sind die Absicherung bei Ableben während der Rentenzahlung bzw. die Frage, ob generell die Form der Zusatzrente für das persönliche Vorsorgekonzept geeignet ist. Durch die Reform wurde mit Ausnahme einer Flexibilisierung der Aktienquoten bzw. der Aktienveranlagung auf die Gefahr des Ausstoppens kein Einfluss genommen. Durch die Möglichkeit der flexibleren Veranlagung kann zwar ein besserer Schutz vor dramatischen Kurseinbrüchen gegeben sein. Ob diese Möglichkeit der höheren Diversifikation von den Anbietern auch entsprechend genutzt wird, bleibt aber abzuwarten.

Es ist nach wie vor die Aufgabe des Anbieters, die Kapitalgarantie und die Mindestaktienquote unter einen Hut zu bringen. In der Verantwortung des Anlegers liegt es weiterhin, sich vor Vertragsabschluss über alle Eckpunkte zu informieren und dabei im Zusammenhang mit der drohenden Ausstoppung - insbesondere das Absicherungskonzept - in Erfahrung zu bringen. Generell scheint die Überlegung, ob man ein Produkt, das eine Aktienveranlagung und eine Kapitalgarantie in sich vereint, als sinnvoll erachtet. Dabei sollte man sich auch von der staatlichen Prämie nicht zu sehr beeinflussen lassen, wie das einfache Rechenbeispiel zeigt. Die geringe Flexibilität hinsichtlich der Auszahlung bzw. Mindestlaufzeit sind da aus Sicht des Autors schon eher ein gewichtiges Argument. Andererseits hat der Gesetzgeber mit der Steuerfreiheit hinsichtlich Kapitalertrag- bzw. Einkommensteuer (bei widmungsgemäßer Auszahlung als lebenslange Rente), Versicherungssteuer und Erbschaftssteuer (derzeit weniger relevant) wichtige Anreize geschaffen. Bei Eingriffen in einen bestehenden Vertrag ist generell zuerst Rücksprache mit dem Versicherungsunternehmen bzw. dem Vermittler zu halten. Insbesondere muss auch die persönliche, finanzielle und steuerliche Gesamtsituation in Betracht gezogen werden. Gegebenenfalls empfiehlt es sich, auch den persönlichen Finanzberater, Finanzplaner und/oder Steuerberater zu Rate zu ziehen. Quellen: Studie "Der Markt für die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge 2011", Österreichische Finanzmarktaufsicht Bundesministerium für Finanzen: Tabelle Beitragsleistung und Prämie:

Mag. (FH) Stefan Kerschbaumer, CFP® Financial Planning Schoellerbank AG Tel. +43/662/86 84-2391 Rückfragen bitte auch an: Mag. Rolf Reisinger, Direktor Kommunikation und Public Relations Schoellerbank AG Tel: +43/662/86 84-2950 5024 Salzburg, Schwarzstraße 32

Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs, die als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage gilt. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Vorsorgemanagement. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto "Investieren statt Spekulieren". Die Schoellerbank ist mit 12 Standorten und 316 Mitarbeitern die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für rund 22.000 private und institutionelle Anleger ein Vermögen von rund 8,8 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria. Mehr Informationen unter: www.schoellerbank.at.

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