Crash an den Rentenmärkten - Schoellerbank Analysebrief Nr. 236, September 2013

  • Seit Mai 2013 befinden sich die globalen Rentenmärkte mit nur kurzen Verschnaufpausen in der Rückzugsphase. Verluste lassen konservativen Anlegern bereits graue Haare wachsen.

  • Noch vor wenigen Monaten boten Anleihen-Engagements in Unternehmens-Emissionen (z. B. Apple) aus Rendite- und Risikoüberlegungen eine ungünstige Kosten-Nutzen-Rechnung. Mittlerweile hat sich die Lage wieder entspannt, in einigen Bereichen sind Renditen wieder interessant. Dennoch erwarten viele Analysten und auch Emittenten offensichtlich langfristig höhere Zinsen.

  • Aus taktischer Sicht ist die Situation momentan extrem überverkauft und spricht für ein Rentenengagement. Sowohl messbare Marktstimmungen als auch andere Indikatoren aus der "behavioral finance" liefern so eindeutige Signale wie selten.

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Seit Mai haben an den globalen Rentenmärkten deutliche Renditeanstiege stattgefunden. Die Gründe für die Bewegung sind vielfältig: Einerseits kommen die sehr eindeutigen, vertrauenserweckenden Aussagen der Notenbanken mittlerweile wirklich im Markt an. Auch scheinen die Konjunktur- und Preisentwicklung nach vielen Jahren der Krise das Schlimmste überwunden zu haben. Analysten sprechen für die USA im kommenden Jahr bereits wieder von einem Wachstum von 3%. Was eine willkommene Bewegung an den Risikomärkten (Unternehmensanleihen, Peripherieanleihen, Aktien etc.) oder auch für die allgemeine Stimmung ist, bescherte sicherheitsorientierten Rentenanlegern aber herbe Buchverluste. 10-jährige europäische Benchmark-Anleihen, also Staatspapiere aus der Kernzone Europas, haben seither ca. 6% ihres Wertes eingebüßt, ihre US-amerikanischen Pendants mussten im selben Zeitraum sogar mehr als 9% Verlust verbuchen. Sogar der japanische Staatsanleihenmarkt, der über eine Dekade nur eine Richtung zu kennen schien, konnte sich der Bewegung nicht gänzlich entziehen. Wir analysieren die Entwicklung anhand zweier konkreter Beispiele prominenter Unternehmensanleihe-Emissionen und stellen unsere taktische Herangehensweise im Rentenmanagement dar - abseits des "fundamental orientierten Mainstream" oder der "getriebenen Herden". "iBonds" - Anleihen statt Handys Ende April des Jahres sorgte das größte Unternehmen weltweit mit einer riesigen Anleiheemission für Aufsehen: Weil der Hard- und Softwareproduzent Apple seine Aktionäre mit höheren Ausschüttungen bedenken wollte und große Teile des reichlich vorhandenen Cash steuerschonend im Ausland zwischengeparkt sind, entschied das Unternehmen, die bis zu diesem Zeitpunkt größte Anleiheemission an den Markt zu bringen. Zum Zeitpunkt der Emission hat die Schoellerbank ausdrücklich vor einem Engagement in 10- oder gar 30-jähriges Unternehmensrisiko bei derart niedrigen Renditen gewarnt. Tatsächlich ist unsere Prognose von Anfang Mai eingetreten, die Kurse der 30-jährigen Apple-Anleihen sind nicht mehr weit von 80 entfernt.

Anleger haben bei einer aktuellen Marktbewertung von ca. 82,4 (Geldkurs der 30-jährigen Apple-Anleihe vom 13.9.2013) fast 20% ihres Investments verloren. Die Emission zeigt aber jedenfalls, dass das Unternehmen aus Cupertino nicht nur in technologischer Hinsicht Know-how hat, sondern dass auch im Treasury kluge Köpfe sitzen. Hätte die Emission erst heute stattgefunden, so müsste der Handybauer alleine für den 30-jährigen Bond pro Jahr USD 35 Mio. mehr Zinsen zahlen. Es stellt sich einmal mehr die Frage nach der Asymmetrie zwischen Emittent und Anleger: In Phasen niedriger Zinsen wollen sich Emittenten lange verschulden, Anleger hingegen möchten ihr Geld nur kurz binden und umgekehrt. Anglo-amerikanische Mobilfunkachse Der nordamerikanische Telekom-Anbieter Verizon hat für die Finanzierung der Übernahme des US-Mobilfunkgeschäftes vom Joint-Venture Partner Vodafone die bis dato mit Abstand weltgrößte Emission an den Markt gebracht: USD 49 Mrd. Gegenwert hatte die Transaktion. Nur wenige Monate nach der Apple-Emission hat sich aufgrund der eingangs beschriebenen geänderten Marktbedingungen die Lage aber dramatisch geändert. Anleihen von Verizon boten bei Emission Renditen, die man bei Investmentgrade-Unternehmen schon lange nicht mehr gewohnt war: Das 30-jährige Wertpapier brachte bei Emission immerhin eine Rendite von 6,56%, ein Renditeniveau, das ein qualitätsbewusster Anleger zuletzt nur im Junk-Segment von der Ferne betrachtet hat. Eine Randbemerkung sei noch erlaubt: Das Konsortium der Investmentbanken hat beim Pricing der Emission eindeutig anlegerfreundlich und nicht unternehmensfreundlich agiert: Alleine am Tag nach der Emission sind die Renditen dramatisch gesunken und das Unternehmen hätte sich anhand dieser deutlich niedrigeren Renditen pro Jahr 3-stellige Millionen Dollar-Beträge ersparen können. Viele Kommentatoren meinen: Keine Glanzleistung des Finanzvorstandes und dieser müsse rasch in die Wüste geschickt werden. Ein anderer Interpretationszugang ist die Einschätzung, das Unternehmen erwartet in Zukunft deutlich höhere Zinsen und wollte das Rekordvolumen von USD 49 Mrd. absolut bombensicher jetzt und komplett an den Mann bringen. Nur deshalb wären nach dieser Auslegung die Anleihen zu einem unschlagbar günstigen Preis angeboten worden. Zinserwartung makroökonomisch Warum also emittiert Verizon Anleihen zu einem (aus der Apple-Perspektive) denkbar ungünstigen Zeitpunkt höherer Zinsen? Warum wählt das Unternehmen auch trotz angestiegener Renditen teilweise extrem lange Laufzeiten - 1/3 des Volumens hat eine 30-jährige Laufzeit, damit sind natürlich deutlich höhere Zinszahlungen verbunden als bei kürzeren Anleihen? Das Unternehmen nimmt wohl an, dass die Zinsen in den USA weiter steigen werden. Viele makroökonomische Rahmenbedingungen sprechen langfristig tatsächlich für höhere Zinsen: Die US-Inflationserwartungen haben über die letzten Monate angezogen (in Europa ist das noch nicht der Fall). Diverse Frühindikatoren zeigen ein freundliches Bild der Zukunft und auch am US-Arbeitsmarkt ist die Lage - trotz aller Probleme mit Teilzeitjobs, Doppelzählungen etc. - nicht so schlecht. Darüber hinaus spielt die US-Notenbank seit Mai - "zufällig" dem Beginn der Zinsanstiege - öffentlich mit dem Gedanken der Liquiditätsrückführung, im Fachchinesisch "Tapering" genannt. Taktik bei der Rentenveranlagung Langfristig klingen all diese Rahmenbedingungen plausibel und über eine längere Periode rechnen auch wir in der Schoellerbank mit höheren Renditen und höherer Inflation, wenn auch nicht deutlichen Ausmaßes. Wie aber der berühmte Nationalökonom John Maynard Keynes in einem anderen Zusammenhang sagte: "In the long run we are all dead". Egal wie die langfristige Zinserwartung auch sein mag, aus taktischer Sicht ist die Situation heute gelinde gesagt überverkauft, das "Sentiment" ist extrem pessimistisch: Dieses Sentiment - also die messbare Stimmung - zum deutschen Rentenmarkt liegt so niedrig wie seit Beginn der täglichen Messungen in 2005 nur in 4% aller Fälle. Bei 10-jährigen US-Renten war die Stimmung sogar nur in 1% aller Fälle so schlecht wie heute. Diese Marktstimmungen sind klassische Kontra-Indikatoren und stellen momentan die Vorstufe eines starken Kaufsignales dar. Auch andere Daten aus der Welt der "behavioral finance" schlagen in dieselbe Kerbe: Die Positionierungen professioneller Marktteilnehmer zeigen, dass so genannte "smart-money"-Investoren (also Anlegergruppen, die historisch sehr oft "richtig" positioniert waren, beispielsweise Anleger, die nicht aus spekulativen Motiven handeln, sondern Kassapositionen an Terminmärkten absichern), aktuell sehr hohe Positionen in Rentenwerten akkumuliert haben. Auch diese hohen "Long"-Positionen sprechen eine klare Sprache für ein Engagement in Rentenwerte oder eine Verlängerung der Laufzeit.

Fazit Ungewöhnlich starke Renditeanstiege über mehrere Monate hinweg, eine Stimmung, die man extrem pessimistisch bezeichnen kann und ein Blick auf das "smart money" zeigen ein Bild, das ein taktisches Engagement (bzw. eine taktische Laufzeitverlängerung) in Anleihen nahelegt. Die Schoellerbank hat in ihren gemanagten Mandaten die durchschnittliche Laufzeit bereits wieder auf "neutral" angehoben und diskutiert aktuell eine weitere Laufzeitverlängerung. Das muss nicht heißen, dass Renditen in zwei Jahren nicht höher sein können als heute, aber: Langfristig sind wir alle tot! Mag. Felix Düregger, CPM® Fondsmanager Schoellerbank AG Tel. +43/662/8684-2678 felix.dueregger@schoellerbank.at Rückfragen bitte auch an: Mag. Rolf Reisinger, Direktor Kommunikation und Public Relations Schoellerbank AG Tel: +43/662/86 84-2950 5024 Salzburg, Schwarzstraße 32

Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs, die als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage gilt. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Vorsorgemanagement. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto "Investieren statt Spekulieren". Die Schoellerbank ist mit 12 Standorten und 316 Mitarbeitern die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für rund 22.000 private und institutionelle Anleger ein Vermögen von rund 8,8 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria. Mehr Informationen unter: www.schoellerbank.at.

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