Die Federal Reserve Bank - Beherrscherin der Welt? - Schoellerbank Analysebrief Nr. 238, Oktober 2013

  • Notenbanken sind vom Gesetzgeber mit unterschiedlichen Zielen ausgestattet, laufen aber vor allem in Krisensituationen in einer globalisierten Welt weitgehend im Einklang und stimmen ihre Aktivitäten teilweise auch ab. Nicht zuletzt bei Abstimmung ihrer Politik sind sie maßgebliche Bestimmer des Geschehens.

  • Die Palette geldpolitischer Instrumente wurde in der Krise erweitert: Vor allem in den USA hält die Notenbank durch starke Anleihenkäufe auch längerfristige Zinsen unter Kontrolle. Auch die EZB konnte durch Rhetorik und durch Wertpapierkäufe die Renditeanstiege in der Euro-Peripherie in Grenzen halten.

  • Das vergangene Jahr beweist, wie mächtig die Notenbanken sind: Seit Draghis Aussage, dass er alles tut, um den Euro zu retten, schweben die Märkte im Risikomodus. Seit Bernanke im Mai öffentlich über Liquiditätsrückführung spekulierte, sind die Renditen dramatisch angestiegen.

  • Mögen zwar Marktbeobachter die demokratiegefährdende Wirkung unabhängiger Notenbanken beklagen, so sind die Zentralbank-Kapitäne die einzigen, die in stürmischer See - vorbei an bürokratischen Untiefen und hierarchischen Eisbergen - schnelle Entscheidungen treffen und den Kahn der Weltwirtschaft zurück hinter die Wellenbrecher in sichere Buchten führen können.

  • Anleger sollten sich dieses Einflusses bewusst sein und vor allem in Krisenphasen immer ein Auge auf die Notenbank richten - die Wertentwicklung des Portfolios wird es danken.

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Die Details Organisation einer Notenbank Die "Mutter der Notenbanken", die US Federal Reserve Bank, wurde vor über 100 Jahren gegründet, um die Geldversorgung in den USA von unabhängiger Seite sicher zu stellen. Im Laufe der Zeit - vor allem in den 1970er und 1980er Jahren nach Wegfall des Bretton-Woods-Systems fixer Währungskurse und der einhergehenden Aufweichung des Goldstandards - wurden die Kompetenzen der Zentralbank laufend ausgeweitet. Das Open Market Comittee, welches sich aus Direktoren der regionalen Reservebanken zusammensetzt, trifft sich (zumindest) einmal im Monat und berät über die Geldpolitik im Land. Auch in anderen Zentralbanken funktioniert die Entscheidungsfindung ähnlich: In der EZB tritt das Direktorium zusammen und entscheidet per Mehrheit, der Präsident kommuniziert das Ergebnis im Anschluss in einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit.

Aufgaben der Notenbanken Der Staat macht die Wirtschafts- und Fiskalpolitik, er hat die Kompetenz Steuern einzuheben sowie Entscheidungen über Ausgaben, Förderungen und Transfers zu treffen. Als Gegenpol ist die Notenbank neben anderen Aufgaben vor allem für die Geldpolitik zuständig. Das bedeutet die Versorgung der Wirtschaft mit Liquidität und die Zinsfestsetzung für den Geldmarkt. Bei ersterer Aufgabe bedient sich eine Notenbank - quasi als Großhändler - der Geschäftsbanken, die als Einzelhändler das Bargeld durch Kreditvergabe in Umlauf bringen. In ihrer Politik ist eine moderne Notenbank prinzipiell von der Politik unabhängig, das heißt an keine Weisungen der Regierung gebunden. Je nach Ausgestaltung einer Notenbank sollen verschiedene Ziele als Vorgaben erreicht werden. PREISSTABILITÄT: Vermeiden von Inflation, zuletzt vermehrt Vermeiden von Deflation. Vor allem Japans Geldhüter kämpfen mit diesem Problem schon jahrzehntelang. Stabiler Außenwert einer Währung: Eine Währung soll nicht zu stark, aber auch nicht zu schwach sein. Vor allem letzteres würde von anderen (Mitbewerber-)Ländern sofort kritisiert - Stichwort "Krieg der Notenbanken". In diesem Zusammenhang ist unter anderem die Bilanzausweitung der SNB zu nennen. Diese beruht nicht auf Liquiditätsförderung im Inland, sondern auf der aktiven Franken-Schwächung gegenüber den Währungen der Handelspartner. Der Franken hatte zuvor als Fluchtwährung während Krisen irrational stark zugelegt. Die SNB hat Geld gedruckt und damit Devisen (z. B.: Euro) gekauft. Ihre Bilanzsumme hat sich seit Herbst 2011 verfünffacht(!!). ARBEITSPLÄTZE: Die US-Notenbank hat ein breiter gefasstes Mandat als andere Notenbanken. Sie berücksichtigt auch die Konjunkturentwicklung, beispielsweise über die Beobachtung des Arbeitsmarktes. So hat die FED zuletzt mehrmals öffentlich kundgetan, dass sie liquiditätshemmende Zinserhöhungen erst setzen würde, wenn die Arbeitslosigkeit unter 6,5% sinkt. In manchen Krisensituationen stimmen Notenbanken ihre Aktivitäten auch miteinander ab. Prominentes Beispiel waren die Refinanzierungsschwierigkeiten (süd-)europäischer Banken nach dem Abzug von US-Geldmarktfonds Ende 2011. Die EZB verteilte in dieser Situation kurzfristig von der FED bereitgestellte Dollar-Liquidität, um die Geldmärkte im europäischen Olivengürtel nicht auszutrocknen. Instrumente der Notenbanken Neben der konventionellen Geldpolitik, welche die Leitzinsfestsetzung und kurzfristige Tender-Liquidität umfasst (näheres dazu im AB 115 vom Juni 2008), kamen in den letzten Jahren verstärkt "unkonventionelle Maßnahmen" zum Einsatz. Unkonventionelle Märkte verlangten eben danach. Im Maßnahmenpaket waren sehr lang laufende Tender-Geschäfte (in Europa bis zu 3 Jahre), aber nicht zuletzt auch der Ankauf von Anleihen. Das Spektrum erstreckt sich von vormals problematischen Hypothekenpapieren bis hin zu Staatsanleihen. Vor allem letzteres ist nicht unproblematisch: Die Notenbanken stehen in der Kritik, den Staaten die Kreditaufnahme abseits des Marktes zu vereinfachen und damit die Länder zu finanzieren. Aus diesem Grund dürfen Notenbanken auch keine Staatsanleihen bei Emission zeichnen, sondern diese nur am Sekundärmarkt aufkaufen - aus Sicht eines Vermögensverwalters eine eher technische und praktisch weitgehend kosmetische Unterscheidung. Exkurs: Die Notenbank als Wirtschaftsbetrieb - Geschäftsmodell einst und jetzt Betrachtet man die Federal Reserve Bank als Wirtschaftsunternehmen, so fallen auf den ersten Blick zwei Dinge auf: Erstens ist das Unternehmen seit dem Jahr 2008 um den Faktor 3 gewachsen, keine schlechte Jahres-Wachstumsrate! Daneben hat sich im gleichen Zeitraum das Geschäftsmodell grundlegend verändert: Während vor der jüngsten Krise vor allem durch die Vergabe von kurzfristigen Krediten an den Zinsen verdient wurde, machen kurzfristige Ausleihungen mittlerweile nur mehr einen kleinen Bruchteil der Bilanzsumme aus.

Den Großteil nehmen mittlerweile das "traditionelle Portfolio" und vor allem "langfristige Anlagen" ein. Neben der politischen Notwendigkeit scheint dieses neue Modell im Niedrigzinsumfeld mit steiler Zinskurve wohl eine lukrativere Geschäftsgebarung zu sein. Manche Notenbank ging einen Schritt weiter und sorgte für Aufsehen, als bekannt wurde, dass sie neben Devisen, kurzfristigen Forderungen und länger laufenden Anleihen mittlerweile auch Aktien zu ihren Aktiva zählt. Diese neue Strategie scheint sich auch bezahlt zu machen, so wies die SNB für das erste Quartal 2013 ein Ergebnis von CHF 11 Mrd. aus, knapp die Hälfte aus Aktiengewinnen. Natürlich steigt aber mit dem neuen Geschäftsmodell auch das Risiko im Portfolio dieser "smart investors". Konkretes Beispiel der Macht Vor allem im Zusammenhang mit der unkonventionellen Maßnahme des Anleihenkaufs ergeben sich gänzlich neue Einflussmöglichkeiten der Notenbanken. So war seit Mai dieses Jahres folgende Situation an den Märkten zu beobachten: Der US-Notenbank-Präsident Ben Bernanke kündigte in einer Aussendung an, die FED würde möglicherweise ab Herbst beginnen, weniger Liquidität über Anleihenkäufe bereitzustellen ("Tapering"). Die Kapitalmärkte reagierten auf diese Aussage teils extrem: Länger laufende US-Treasuries verloren innerhalb weniger Monate 10% ihres Wertes, die Renditen schnellten im 10-jährigen Bereich von 1,6% auf 3% hoch. Auch in Europa waren derartige Bewegungen zu spüren, deutsche Staatsanleihen verloren im gleichen Zeitraum immerhin ca. 5%. Vom Reden und Tun Was man alleine mit Rhetorik erreichen kann, zeigte die Schweizerische Nationalbank. Als die SNB im Herbst 2011 ankündigte, einen fixen Korridor für das Wechselpaar EUR/CHF einzuführen, verlor der Schweizer Franken schlagartig 9% an Wert. Seit diesem Zeitpunkt hielt das Treasury der SNB den Wechselkurs in einem sehr engen Band praktisch fix. Die erste Bewegung war "gratis" zu haben, erst für das jahrelange Verteidigen der gewünschten Kurs-Marke musste die eidgenössische Zentralbank tief in die Tasche greifen: Wie bereits oben erwähnt, hat sich die Geldbasis in der Schweiz seit Sommer 2011 lt. Aussagen des IWF verfünffacht und entspricht laut NZZ aktuell ca. 85% der jährlichen Schweizer Wirtschaftsleistung. (Die EZB hat ihre Aktiva im selben Zeitraum "nur" etwa um 50% erhöht, die FED gar "nur" um 1/3. Natürlich haben die beiden Letztgenannten mit der Liquiditätsausweitung schon wesentlich früher begonnen, können aber auch seit 2008 bis zur Spitze "nur" im Falle der EZB eine Verdoppelung bzw. im Falle der FED eine Vervierfachung verzeichnen.)

Geldbasis der Schweiz in Mrd. USD, Quelle: IWF, Bloomberg

Auch eine bloße Aussage des europäischen Notenbank-Präsidenten Mario Draghi im Sommer 2012 hat die Macht glaubwürdiger Rhetorik belegt: Nach einem schwierigen Frühjahr 2012 mit Korrekturen an Aktienmärkten, dramatischen Renditeausweitungen in der Euro-Peripherie (10-jährige italienische Anleihen rentierten über 6%) und einer einhergehenden heftigen Renten-Rallye in Kerneuropa erklärte Europas oberster Notenbanker, alles in seiner Macht stehende zu unternehmen, um den Euro zu retten. "Und glauben sie mir, es wird genug sein". Mit dem Tag dieser Aussage war der Rendite-Tiefpunkt überwunden, die Risikomärkte befinden sich mehr als ein Jahr danach noch immer im "overdrive". Ein Schlüsselthema bei dieser Macht der Rhetorik ist aber immer das Vertrauen in die Selbständigkeit der Notenbank: Vermuten die Anleger nämlich Abhängigkeiten von Politik oder Wirtschaft, ginge das Vertrauen sehr schnell verloren. Dem bloßen Wort des Notenbankpräsidenten würde keinerlei Gehör mehr geschenkt - der Anfang vom Ende eines funktionierenden Systems wäre eingeläutet. Vor diesem Hintergrund sollten "politische Einsager" mit ihren öffentlichen Wünschen an die Währungshüter Disziplin üben - nicht unbedingt eine Stärke des durchschnittlichen Volksvertreters. Fazit Notenbanken sind die Technokraten der Wirtschaftspolitik und das ist durchaus im positiven Sinne zu verstehen. Vor allem in Krisenphasen mussten die Geld- und Währungshüter wiederholt zeigen, dass sie durchaus in der Lage sind die Kapitalmärkte zu bewegen. Das muss auch so sein, ruft aber dennoch immer wieder Kritik hervor: Die Angst vor einem zu späten Rückzug aus der Liquiditätsversorgung sitzt tief in den Knochen. Kritiker finden es auch demokratiefeindlich, dass die Notenbanken vorbei an den Parlamenten Entscheidungen treffen. Die Auswirkungen auf Staatshaushalte wären dramatisch. Anleger sind jedenfalls gut beraten, die faktische Macht der Zentralbanken nicht zu ignorieren. Asset-Preis-Inflation sollten nicht gegen die Aussagen und Strategien der Zentralbanker interpretiert werden. Positionierungen in extremen Märkten sollten im Zweifel eher mit Hausverstand und Blick auf die Notenbank als mit sturen mathematischen Modellen erfolgen. Ganz nach dem Motto: "Don’t fight the FED!" Mag. Felix Düregger, CPM Asset Management Schoellerbank AG Tel. +43/662/86 84-2678 Rückfragen bitte auch an: Mag. Rolf Reisinger, Direktor Kommunikation und Public Relations Schoellerbank AG Tel: +43/662/86 84-2950 5024 Salzburg, Schwarzstraße 32

Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs, die als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage gilt. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Vorsorgemanagement. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto "Investieren statt Spekulieren". Die Schoellerbank ist mit 12 Standorten und 313 Mitarbeitern die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für rund 22.000 private und institutionelle Anleger ein Vermögen von rund 8,9 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria. Mehr Informationen unter: www.schoellerbank.at.

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