Anlagechancen bei Emerging Markets-Währungen - Schoellerbank Analysebrief Nr. 246 Februar 2014

  • In einer vernetzten Welt können alle Anlageklassen - so auch Währungen - in Risikoanlagen und "Sichere Häfen" eingeteilt werden.

  • Die vormaligen Liebkinder der Anlegergemeinde, die Emerging Markets, wurden durch den Liquiditätsrückzug der FED und damit durch Mittelabflüsse von Investoren hart getroffen. Argentinien hat seine Währung abgewertet, andere Länder, wie die Türkei oder Südafrika, versuchten den Währungsverfall durch extreme Zinserhöhungen aufzuhalten.

  • Herbe vergangene Kursverluste in Kombination mit hohen nominalen Zinsdifferenzen scheinen vordergründig ein starkes Argument für ein Engagement in so manche Schwellenländer-Devise zu sein.

  • Anleger müssen jedoch verstehen, dass Währungsabwertungen für die Zukunft nur Erfolg versprechen können, wenn der Emittent Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft einer Volkswirtschaft aufbauen kann. Das gelingt üblicherweise durch - kurzfristig als schmerzlich empfundene - wirtschaftspolitische Weichenstellungen. Einfache Fiskalpolitik, wie ein extremes Drehen an der Zinsschraube, mag zwar kurzfristig wirken, kann aber für sich alleine nicht zum erwünschten Ziel einer stabilen Währung führen.

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Die Details Bei den warmen Wintertemperaturen befanden sich Emerging Markets-Währungen auf dünnem Eis. Manch ein zu schwerer Kandidat ist bereits eingebrochen und kämpft mit dem Untergehen. Auslöser war die Warmfront aus den USA, die mit dem Beginn des Tapering (Rückzug der Liquiditätsspritzen der US-FED) den "Wintertourismus" der Anlegergelder in die Emerging Markets ins Stocken gebracht hat. Einige zuvor euphorische Gäste sind vorzeitig abgereist und ließen Wintersport-Unterkünfte mit Unterauslastung zurück. Globalisierte Welt Gerade an den Geld- und Finanzmärkten ist die Welt seit vielen Jahren globalisiert. Selbst ehemalige Bastionen mit Kapital- und Währungsbeschränkungen - prominentestes Beispiel ist China - beginnen aufzubrechen. So sorgte die Geldflut der westlichen Notenbanken, angeführt von der US-FED, gepaart mit einer Erholung der Stimmungslage bei Anlegern zu Geldflüssen auf breiter Front hin zu diesen Risikomärkten.

In einer globalen (Finanz-)Welt kann man inzwischen alle Veranlagungen in zwei Kategorien unterteilen: In Risikoanlagen und in "Sichere Häfen". Je nach Stärke der momentanen Stimmungslage ergeben sich Nuancen in der Klassifizierung, das Fundament dieser Einteilung scheint aber ziemlich robust. Beispiele für Risikoanlagen sind (zyklische) Aktien, konjunkturabhängige (Industrie-)Rohstoffe oder der Euro. Als "Sichere Häfen" hingegen gelten neben Gold auch Staatsanleihen aus der Kernzone Europas und aus den USA oder der US-Dollar und der Japanische Yen. Natürlich können einzelne Anlageklassen meldungsgetrieben auch die Klasse wechseln. Bestes Beispiel der jüngeren Vergangenheit ist der Japanische Yen nach Fukushima. Zuletzt schien die Währung der aufgehenden Sonne aber wieder in Richtung altgewohntes Schema zurückzukehren. Die niedrigen Zinsen in der entwickelten Welt sorgten für eine Kapitalflucht hin zu höher rentierlichen Anlagen. Ziel dieser Mittelflüsse waren in den letzten Jahren Anleihen und Aktien aus Schwellenländern - nicht zuletzt weil die Anlage in die Peripherie Europas für viele Anleger nicht mehr in Frage kam und weil Unternehmensanleihen der entwickelten Länder unvernünftig teuer geworden waren. Anlagen aus Brasilien, Russland, Indien und China, aber auch aus kleineren Ländern, wie der Türkei, Südafrika etc., standen plötzlich höher im Kurs als Staatsanleihen aus Italien oder Pfandbriefe aus Spanien und Portugal - obwohl letztere in der Heimatwährung der (Zentral-)Europäischen Investoren emittiert sind. Das Argument: Die oft deutlich höheren Zinsen in den Emerging Markets böten einen dicken Puffer gegen mögliche Währungsverluste. US-Tapering dreht alles um Im Juni des Vorjahres sprach die US-Notenbank erstmals davon, ihre Anleihenkäufe und damit die überreichliche Geldversorgung der Kapitalmärkte zu reduzieren. Niedrigere Liquidität und damit niedrigere Nachfrage sorgten zu rückläufigen Kursen bei Staatsanleihen der entwickelten Welt, aber auch zu herben Verlusten bei Emerging Markets-Anleihen. Breite Emerging Markets-Anleihenindizes in lokaler Währung verbuchten letzten Sommer in kurzer Zeit Verluste von ca. 15%. Eine Größenordnung, für die man schon Zinseinnahmen von mehreren Jahren gegenrechnen muss, um Kursverluste von nur zwei bis drei Monaten zu verdauen.

Die Grafik zeigt den Kursverfall des JPM Government Bond Index Emerging Markets Mitte letzten Jahres. Quelle: Bloomberg. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

Im Januar 2014 erfolgte dann die nächste Welle, diesmal ohne markanten neuen Einfluss von außen. Es war mehr ein neues Aufkochen der Suppe von letztem Sommer. Die argentinische Notenbank beschloss, die Währungsbindung an den US-Dollar aufzugeben. Die Devisenreserven des Landes waren in den Monaten zuvor stark abgeschmolzen. Die Folge der Notenbank-Veröffentlichung war eine dramatische Abwertung des Argentinischen Peso. Dieser Schritt einer lokalen Notenbank brach eine Welle, deren Gischt unmittelbar auch die "Bademeister anderer Strandbäder" ins Strudeln brachte. Die Türkei versuchte mit einer Zinserhöhung von mehreren Prozentpunkten den Währungsverfall aufzuhalten, auch Südafrika kämpfte mit ähnlichen Mitteln gegen einen Verfall des Rands. Viele Länder aus dem zugegebenermaßen inhomogenen Segment "Emerging Markets" sind seitdem unter Druck.

Die Grafik zeigt zuerst den schleichenden Verfall des Argentinischen Peso, der von der Notenbank durch Devisenverkäufe verlangsamt wurde und die Abwertung im Januar. Quelle Bloomberg. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

Währungsabwertung Im Falle von wirtschaftlichen Problemen einer Volkswirtschaft und latenten Mittelabflüssen aus der Währung stützt eine Notenbank oft einen schleichenden Währungsverfall über Monate oder sogar Jahre - oder verlangsamt diesen zumindest. Dies passiert dadurch, dass Devisenreserven verkauft werden und damit die Referenzwährung (oft der US-Dollar) im Vergleich zur eigenen Währung geschwächt werden soll. Dass diese Strategie vor allem im Falle von kleineren Volkswirtschaften nur wenig Erfolg verspricht, versteht sich von selbst. Außerdem sind die Devisenreserven irgendwann zu Ende oder nehmen alarmierend niedrige Niveaus an (eine Ausnahme bilden Rohstoffreserven in Staatseigentum). Gibt die Notenbank dann irgendwann die Währungsbindung auf, spricht man von einer Abwertung. Alleine durch die Ankündigung der Notenbank verliert die Heimatwährung schlagartig. Eine Möglichkeit der Interpretation ist, dass die Abwertung der Währung in Wahrheit nicht schlagartig erfolgt, sondern dass nur akkumulierte Kursverluste, die durch Notenbank-Intervention zuvor verschleiert wurden, auf einen Schlag sichtbar werden.

J-curve-effect Warum wertet ein Land überhaupt seine Währung ab und wie macht sie das "handwerklich" sinnvoll? In der volkswirtschaftlichen Theorie wird die Situation des "J-curve-effect" beschrieben. Die Idee dabei: Wenn eine Notenbank den laufenden Verfall ihrer Währung und den Abfluss der Devisenreserven stoppen und den Leistungsbilanzsaldo verbessern möchte, dann braucht es dazu zwei Dinge: Vertrauen in die zukünftige Stabilität der Währung - üblicherweise erreicht durch strukturelle Anpassungen in der Wirtschaftspolitik - und eine einmalige deutliche Abwertung. Die Folge ist, zumindest in der Theorie, eine Entwicklung der Leistungsbilanz, die dem Buchstaben "J" ähnelt. Die eher mengen-unelastischen Importe werden (gerechnet in Inlandswährung) sofort teurer, die Vergünstigung der Exportprodukte (gerechnet in anderen Währungen) wirken erst zeitverzögert. Letztere können aber langfristig zu einem deutlich günstigeren Leistungsbilanzsaldo führen und damit, quasi nach Lehrbuch, die Situation retten. Devisen-Forwards und Zinsdifferenzen Wo liegt also der faire Wert für eine Währung? Einen Anhaltspunkt dafür bieten die Zinsdifferenzen der Währungen und die damit errechneten Devisentermingeschäfte, sog. "Devisen-Forwards". Für Devisentermingeschäfte gilt die sogenannte No-Arbitrage-Regel: Wenn ich eine Fremdwährung, beispielsweise die Türkische Lira, in einem Monat kaufen möchte, dann kann ich das entweder heute machen und Zinseinnahmen in TRY für einen Monat lukrieren, oder das Geld in Euro halten und nach der einmonatigen Euro-Verzinsung erst in einem Monat wechseln. Das Resultat sollte das gleiche sein - sonst wären risikolose Gewinne ("Arbitrage") möglich. Legt man diese Grundüberlegung auf den Kurs um, so müsste die Türkische Lira in einem Monat gegenüber dem Euro genau so viel verlieren, wie die Differenz der Zinsen der beiden Länder beträgt. Das wäre aktuell anhand des 1-Monats Libor eine Zinsdifferenz von 11 Prozentpunkten p. a. zugunsten der Lira-Veranlagung. Damit liegt der Devisen-Forward-Kurs für einen Monat in der aktuellen Zinssituation fast ein Prozent unter dem aktuellen Kassakurs. Tatsächlich können sich Währungen aber - genau wie andere "Spot"-Instrumente (also Anlageklassen am Kassamarkt) - gänzlich anders entwickeln, als es die Forwards nahelegen würden. Die Türkische Lira kann in einem Monat natürlich auch höher notieren als heute, es ist eine Funktion von Angebot und Nachfrage. Bestehen nach den jüngsten Abwertungen konkrete Investment-Chancen? Als unmittelbare Chance könnten gerade antizyklische Investoren anführen, dass die Kombination aus vergangenen starken Kursverlusten mit mittlerweile sehr hohen Zinsdifferenzen (als Risiko-Puffer) ein geradezu ideales Umfeld für Veranlagungen darstelle.

Die Grafik zeigt die Differenz von 1-Monats Libor-Zinssätzen in TRY und EUR. Klar ersichtlich ist der Zinsvorteil, (also der potenzielle Puffer gegen Währungsverluste) der in den letzen Monaten deutlich angewachsen, aber nach wie vor weit unter den Werten der Jahre 2002 und 2003 ist. Quelle Bloomberg. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Entwicklung.

Wie zuvor erwähnt, ist eine der Grundvoraussetzungen für eine nicht nur kurzfristig erfolgreiche Währungsintervention die Schaffung von Vertrauen, damit die Währung auch längerfristig stabil bleibt. Vertrauen entsteht im Zusammenhang mit Volkswirtschaften üblicherweise, wenn eine schwache Wirtschaft nachhaltig (fundamental) reformiert wird. Dazu sind (unmittelbar unpopuläre) tiefe wirtschaftspolitische Einschnitte, wie Ausgabenkürzungen, Verwaltungsreformen und dergleichen, notwendig. Auch das Fördern wirtschaftsfreundlicher Strukturen, wie die Senkung der Unternehmenssteuern oder der Lohnnebenkosten, können Vertrauen schaffen. Rein fiskalpolitische Maßnahmen, wie das Anheben der Zinsen um ein paar Prozentpunkte, können keine nachhaltigen Effekte bringen. Bei der Auswahl von Veranlagungen sollten die inhomogenen Emerging Markets nicht über einen Kamm geschoren werden. Es gibt Währungen (z. B. im asiatischen Raum der Koreanische Won oder in Europa der Polnische Zloty), die keine mit Argentinien vergleichbaren wirtschaftlichen Probleme haben, deren Währungen aber im Sog der Abwärtsbewegung in den letzten Wochen ebenfalls gelitten haben. Andere Länder wiederum konnten bis dato nicht mit nachhaltigen Reformen ihrer wenig kompetitiven Strukturen überzeugen. Für die Schoellerbank stehen die Ampeln an der Emerging Markets-Kreuzung im Durchschnitt also keineswegs auf Grün. Die eine oder andere Abzweigung rechtfertigt aber vielleicht einen genaueren Blick. Fazit Die globale Vernetzung nimmt zu. Anlageklassen können gerade in Krisenzeiten quer über den Globus in zwei Klassen unterteilt werden: Risikoanlagen sowie "Sichere Häfen". Verkäufe von Anleihen führen zu Kurseinbrüchen und damit verbundenen höheren Zinsen. Wenn die fundamentalen Daten und damit das Vertrauen nicht stimmen, kann der Wechselkurs durch den Verkauf von Devisenreserven nur vorübergehend gestützt werden. Oft kommt es nach einer durch politische Stützung stabilen Währung aber zu (scheinbar) plötzlichen Abwertungen. Diese können als nachträgliches Anpassen an die Realität oder den Markt verstanden werden. Nur wenn es gelingt Vertrauen zu schaffen, dass keine weiteren Abwertungen erfolgen werden, kann eine Stabilisierung erfolgen. Dies gelingt aber nur durch "harte" Reformen und nicht, wie oft von der Politik favorisiert, durch einfache Fiskalmaßnahmen. Bei der Auswahl von Investments sollte ein Anleger mehr im Blick haben, als den vergangenen Kurs der Währung und die Zinsdifferenzen. Mag. Felix Düregger, CPM Asset Management Schoellerbank AG Tel. +43/662/86 84-2678 felix.dueregger@schoellerbank.at

Rückfragen bitte auch an: Mag. Rolf Reisinger, Direktor Kommunikation und Public Relations Schoellerbank AG Tel: +43/662/86 84-2950 5024 Salzburg, Schwarzstraße 32


Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs, die als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage gilt. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Vorsorgemanagement. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto "Investieren statt Spekulieren". Die Schoellerbank ist mit 12 Standorten und 315 Mitarbeitern die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für rund 20.800 private und institutionelle Anleger ein Vermögen von rund 8,5 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria. Mehr Informationen unter: www.schoellerbank.at

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