Vererben oder Verschenken? - Schoellerbank Analysebrief Nr. 260 Oktober 2014

  • Endgültigkeit der Schenkung - Widerruflichkeit des Testaments
  • Schenkungsvertrag und Absicherung des Geschenkgebers
  • Schenkung und Auswirkung auf den Pflichtteil

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Möchte ich meinen Nachkommen schon zu Lebzeiten etwas zukommen lassen? Möglichkeiten der Vermögensweitergabe Laut Schätzungen des WIFO werden jährlich ca. 27 Milliarden Euro an Vermögenswerten weitergegeben. Derzeit wird also soviel vererbt und geerbt wie in keiner Generation zuvor. Dem Thema der Vermögensweitergabe und Nachfolgeregelung kommt daher eine besondere Brisanz zu. Aufgrund der Tatsache, dass es derzeit keine Schenkungs- und Erbschaftssteuer gibt, steht die Frage des Zeitpunktes der Vermögensweitergabe besonders im Fokus. Für viele stellt sich nun daher die Frage, wann und in welcher Form die Weitergabe des Vermögens sinnvoll ist. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die Weitergabe des Vermögens nicht erst von Todes wegen erfolgen muss, sondern dass es manchmal durchaus sinnvoll sein kann, die Nachfolgeregelung vor zu verlagern und somit Vermögenswerte schon zu Lebzeiten zu übertragen (sog. vorweggenommene Erbfolge). Meist wird jedoch die vorweggenommene Erbfolge Verfügungen von Todes wegen ergänzen. Welche Aspekte dabei grundsätzlich zu berücksichtigen sind, soll im Folgenden herausgearbeitet werden. Endgültigkeit der Schenkung - Widerruflichkeit des Testaments Bei der vorweggenommenen Erbfolge ist natürlich die Schenkung primärer Anwendungsfall. Während ein Testament jederzeit widerrufen werden kann und auch noch keine Rechte von späteren potenziellen Erben begründet, ist eine Schenkung grundsätzlich unwiderruflich. Das Gesetz kennt nur wenige, praktisch nicht so relevante Ausnahmen, wie "grober Undank" (z. B. strafbares Verhalten gegen den Geschenkgeber), die zum Widerruf einer Schenkung berechtigen. Kurz gesagt - ein Testament kann man jederzeit widerrufen und ein neues verfassen, eine Schenkung ist grundsätzlich endgültig!

Ganz wesentlich ist jedenfalls, dass im Falle einer testamentarischen Verfügung die Möglichkeit über den Vermögenswert (z. B. eine Liegenschaft) nach eigenem Ermessen frei zu verfügen weiterhin beim Erblasser verbleibt, während eben bei einer Schenkung das Eigentum bei Einhaltung aller Formvorschriften auf den Geschenknehmer übergeht und sich der Geschenkgeber seines Eigentums begeben hat! Der Schenkungsvertrag - Kosten und Grunderwerbssteuer Der praktisch häufige Fall einer Schenkung einer Liegenschaft hat durch Errichtung eines Schenkungsvertrages zu erfolgen. Um den Geschenkgeber quasi vor übereilten Schenkungen zu schützen, besteht für Schenkungen ohne sofortige Erfüllung Notariatsaktpflicht. Die Kosten für die Errichtung eines Schenkungsvertrages sind vom Wert der Immobilie abhängig und sind im Tarifgesetz geregelt. Neben den Kosten der Errichtung löst der Vermögensübergang auch Grunderwerbssteuer aus. Seit 1. Juni 2014 ist dabei grundsätzlich als Bemessungsgrundlage vom gemeinen Wert (Verkehrswert) auszugehen, allerdings gilt im Familienkreis weiterhin der dreifache Einheitswert als Bemessungsgrundlage, unabhängig davon, ob es sich um eine unentgeltliche oder entgeltliche Grundstücksübertragung handelt. Zum Familienkreis zählen dabei Ehegatten, Lebensgefährten, eingetragene Partner, Elternteile, Kinder, Enkel-, Stief-, Wahl- und Schwiegerkinder. Innerhalb des Familienkreises gilt auch der begünstigte Steuersatz von 2% GrEST, außerhalb des Familienkreises gelten 3,5% GrEST. Der Einheitswert wird vom zuständigen Lagefinanzamt festgesetzt und liegt im Normalfall weit unter dem jeweiligen Verkehrswert der Immobilie. Der gemeine Wert (Verkehrswert) wird in der Praxis beispielsweise anhand des Immobilienpreisspiegels oder - wenn der Wert nicht feststellbar oder strittig ist - letztlich durch ein Sachverständigengutachten festgestellt.

Nach Abschluss des Schenkungsvertrages und Abführung der Grunderwerbssteuer an das zuständige Finanzamt kann das Eigentumsrecht im Grundbuch eingetragen werden. Für diese Eintragung fällt die Grundbuchseintragungsgebühr in der Höhe von 1,1% an, wobei diese innerhalb der Familie bzw. zwischen Lebensgefährten vom dreifachen Einheitswert berechnet wird. Betrachtet man die Kostenseite, so kann man sagen, dass die Errichtungskosten eines Testaments im Regelfall deutlich unter den Errichtungskosten eines Schenkungsvertrages liegen werden. Was hingegen Steuern und Gebühren anbelangt, so fällt sowohl bei einer Schenkung als auch beim Erwerb von Todes wegen Grundserwerbssteuer und Grundbuchseintragungsgebühr an. Schenkungsvertrag und Absicherung ─ welche Rechte kann sich der Geschenkgeber zurückbehalten? Zur Absicherung des Geschenkgebers können im Rahmen eines Schenkungsvertrages in der Praxis vor allem ein Wohnrecht, ein Belastungs- und Veräußerungsverbot sowie ein Fruchtgenussrecht zurückbehalten werden. Wohnrecht - darunter versteht man das Recht eine Wohnung oder ein Haus nach den persönlichen Bedürfnissen zu benützen. So kann der Geschenkgeber auch weiterhin die geschenkte Immobilie auf Lebenszeit nützen.

Belastungs- und Veräußerungsverbot - der Geschenkgeber kann sich anlässlich der Schenkung das Belastungs- und Veräußerungsverbot zurückbehalten. Damit unterliegt der Geschenknehmer dann als Eigentümer der Liegenschaft diesem Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten des Geschenkgebers, sodass er ohne dessen Zustimmung keine derartigen Verfügungen vornehmen darf. Er darf diese also weder belasten (etwa durch Verpfändung) noch veräußern! Dieses Belastungs- und Veräußerungsverbot wirkt durch Eintragung ins Grundbuch gegenüber jeder anderen Person - es kann allerdings nur eingetragen werden, wenn es zwischen Ehegatten (eingetragenen Partnern), Eltern, Kindern (auch Wahl-, Stief-, Pflegekindern) oder deren Ehegatten oder eingetragenen Partnern begründet wurde. Im Fall eines Ehepaares sollte daher jedenfalls sowohl das Wohnrecht als auch das Belastungs- und Veräußerungsverbot auch für den Ehepartner oder eingetragenen Partner des Geschenkgebers vorbehalten werden. Fruchtgenussrecht - hat sich der Geschenkgeber ein Fruchtgenussrecht vorbehalten, so bedeutet dies, dass er die Immobilie vermieten/ verpachten und auch die Erträgnisse daraus verwenden darf. Im Gegenzug ist der Geschenkgeber jedoch verpflichtet, die Betriebskosten zu bezahlen, die Kosten einer erforderlichen Renovierung aus den Erträgnissen zu tragen. Zur Vermeidung von späteren Streitigkeiten empfiehlt es sich grundsätzlich im Schenkungsvertrag genau festzulegen, welche Teile durch das Wohnrecht ganz konkret weiter genützt werden dürfen bzw. sollte auch eine genaue Regelung hinsichtlich der Kostentragung vorgenommen werden.

Auswirkungen auf das Pflichtteilsrecht Der österreichische Gesetzgeber sieht spezielle Regelungen für die sog. Pflichtteilsberechtigten vor (vorwiegend Kinder, Ehegatten), denen jedenfalls ein gewisser Anteil am Nachlass zukommen muss. Durch die Schenkungsanrechnung soll zusätzlich verhindert werden, dass es durch Schenkungen zu Lebzeiten zu Umgehungen dieses Pflichtteilsrechts kommt. Aus diesem Grund kann ein Pflichtteilsberechtigter im Todesfall verlangen, dass die Schenkung an einen anderen Pflichtteilsberechtigten (z. B. Bruder, Schwester) angerechnet wird - also dem Nachlass hinzugerechnet wird und er von diesem Wert der geschenkten Sache den sog. Schenkungspflichtteil bekommt. Anders ist dies bei Schenkungen an Nicht-Pflichtteilsberechtigte. Hier kommt eine Zwei Jahresfrist zum Tragen, was bedeutet, dass - wenn ab dem Zeitpunkt der Schenkung bis zum Todestag des Geschenkgebers mehr als zwei Jahre verstrichen sind - die Pflichtteilsberechtigten nicht mehr die Einbeziehung dieser Schenkung bei der Bemessung des Pflichtteils verlangen können. Hier kommt also z. B. im Fall eines Lebensgefährten (der kein Pflichtteilsberechtigter ist) diese Zwei Jahresfrist zum Tragen und damit gegebenenfalls auch eine Reduktion späterer Pflichtteilsansprüche. An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass es sich bei Schenkungen immer empfiehlt für eine ausreichende Dokumentation zu sorgen. Im Fall von Liegenschaftsschenkungen ist dies wohl durch den Schenkungsvertrag und die erforderliche Grundbuchseintragung selbstverständlich. Jedoch sollte man dies auch bei der Schenkung von beispielsweise Geldbeträgen bedenken, um anschließende Diskussionen und Beweisschwierigkeiten zu vermeiden.

Schutz des Vermögens Ein Aspekt, den es in diesem Zusammenhang grundsätzlich auch zu berücksichtigen gilt, ist die Tatsache, dass durch eine Schenkung z. B. einer Liegenschaft, diese vor dem potenziellen Zugriff von Gläubigern gesichert werden könnte. Wäre eine Liegenschaft zum Zeitpunkt der Verlassenschaft noch vorhanden und wären entsprechende Schulden angehäuft worden, so müsste letztlich diese Liegenschaft zur Abdeckung verwendet werden bzw. würde jedenfalls der Nachlasswert für die Erben entsprechend reduziert. Grundsätzlich darf natürlich keine unentgeltliche Übertragung von Vermögenswerten zulasten von Gläubigern erfolgen! Um dies entsprechend hintan zu halten, sieht der Gesetzgeber diverse Fristen vor, innerhalb derer Schenkungen angefochten werden können. So sind in Zusammenhang mit Pflegekosten die Anfechtungsfristen beispielsweise landesgesetzlich unterschiedlich geregelt. Im konkreten Fall sollte hier unbedingt eine Beratung durch Notar oder Anwalt erfolgen. Angesichts steigender Lebenserwartung und zunehmender Pflegeheimkosten wird dieser Aspekt immer stärker thematisiert. Auf die gesellschaftspolitische Dimension solcher Verfügungen kann und soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Schenkungsmeldung In Zusammenhang mit den bisherigen Ausführungen ist jedenfalls auf die Verpflichtung zur Schenkungsmeldung hinzuweisen. Seit 1. August 2008 sind Schenkungen von Bargeld, Kapitalforderungen (Sparbücher, Wertpapiere, Anleihen, Darlehensforderungen), Gesellschaftsbeteiligungen, beweglichen körperlichen Vermögens, immateriellen Vermögensgegenständen, sofern diese bei nahen Angehörigen EUR 50.000,- innerhalb eines Jahres bei anderen Personen EUR 15.000,- innerhalb von 5 Jahren übersteigen zu melden. Da mit Abgabe einer Schenkungsmeldung keine steuerrechtlichen Konsequenzen verbunden sind, eine Nichtmeldung jedoch Geldstrafen bis zu 10% des Verkehrswertes der geschenkten Sache nach sich ziehen kann, sollte eine solche Meldung jedenfalls erfolgen.

Fazit Für die Abwägung, ob etwas geschenkt oder vererbt werden soll, ist unbedingt die Endgültigkeit und Unwiderruflichkeit einer Schenkung im Vergleich zur jederzeitigen Abänderungsmöglichkeit eines Testaments zu bedenken. Dies sollte gerade auch bei Überlegungen einer vorweggenommenen Vermögensübertragung angesichts eventuell drohender Steuererhöhungen berücksichtigt werden. Auch wenn keine Aussagen über künftige steuerrechtliche Entwicklungen getroffen werden können, so kann man aber sicherlich die Aussage wagen, dass Liegenschaftsübertragungen in Zukunft wohl nicht günstiger werden. Bei der Thematik des Pflichtteilsrechts müssen - wie oben ausgeführt - die jeweiligen Konsequenzen zwischen Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte bzw. an Nicht-Pflichtteilsberechtigte in die Überlegungen miteinbezogen werden. Allerdings kann eine Aussage darüber, was im Einzelfall besser geeignet wäre, nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände und unter Abwägung aller Aspekte getroffen werden. Eine eingehende Rechtsberatung durch Notar oder Anwalt sollte daher unbedingt erfolgen! Mag. Elke Willi, CFP®, EFA® Wealth Advisor Tax, Foundations & Estate Planning Schoellerbank AG Tel. +43/1/534 71 - 1595 Rückfragen bitte auch an: Mag. Rolf Reisinger, Direktor Kommunikation und Public Relations Schoellerbank AG Tel: +43/662/86 84-2950 5024 Salzburg, Schwarzstraße 32

Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs, die als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage gilt. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Vorsorgemanagement. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto "Investieren statt Spekulieren". Die Schoellerbank ist mit 12 Standorten und 315 Mitarbeitern die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für private und institutionelle Anleger ein Vermögen von rund 9,6 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria. Mehr Informationen unter: www.schoellerbank.at

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