Mit Wirtschaftsindikatoren zum Börsenerfolg? - Schoellerbank Analysebrief Nr. 280 Oktober 2015

  • In die Zukunft schauen: Das möchte jeder gerne, nicht nur der Anleger
  • Die Zukunft vorhersagen: Das scheint mit System und Methode möglich, das ist zumindest der Anspruch vieler Anleger an die Volkswirte
  • Die Zukunft kennen: Wer das beherrscht, der arbeitet nicht als Vermögensverwalter und stellt sein Wissen schon gar nicht der Allgemeinheit zur Verfügung

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Jeder Anleger möchte in die Zukunft schauen können. Nur sind Prognosen leider immer unsicher, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen. Daher versucht der seriöse Anleger, der nicht nach Bauchgefühl "zocken" möchte, auf wissenschaftlich fundierte Parameter zurückzugreifen. Wissenschaftlich heißt hier unter anderem: Das Thema eingrenzen, mit System methodisch vorgehen, Hypothesen nachprüfbar belegen. Viele Anleger wenden sich damit der Ökonomie zu, im speziellen der Makro-Ökonomie mit ihrem breiten Spektrum an Indikatoren. In der Theorie unterscheidet man vorlaufende, gleichlaufende und nachlaufende Indikatoren. Natürlich messen Investoren vor allem den vorlaufenden Indikatoren hohe Bedeutung zu. Als Resultat beschäftigen sich Heerscharen von Volkswirten mit der Analyse und der Prognose von diversen Indikatoren. Oder sie versuchen aus den jüngsten statistischen Veröffentlichungen Vorhersagen für die Aktien- und Rentenmärkte zu treffen. Funktioniert erfolgreiches Investieren so? Gelingt den Volkswirten mit System und Methode der Blick in die Zukunft der Finanzmärkte? Vorlaufende Indikatoren - Frühindikatoren Für die zukünftige Entwicklung der Konjunktur und der Aktienmärkte gelten folgende vorlaufende Indikatoren als allgemein anerkannt (kein Anspruch auf Vollständigkeit): Einkaufsmanager Indizes (Purchasing Manager Index - PMI) Einkaufsmanager Indizes basieren auf der regelmäßigen Befragung von Einkäufern in (produzierenden) Unternehmen und ermitteln aus der Summe der Befragungen einen Index. Bekanntes Beispiel ist der "ISM Manufacturing" vom US-amerikanischen Institute for Supply Management, bei dem monatlich 300 Einkaufsmanager befragt werden. Werte über 50 sind "expansive" Werte - die Wirtschaft sollte wachsen - ein Index unter 50 markiert "kontraktives" Niveau, die Befragten gehen von einer schrumpfenden Wirtschaft aus.

Produzentenpreise (Producer Price Index - PPI) "Outputpreise" sind jene Preise, die Produzenten beim Verkauf ihrer Produkte am heimischen oder am Exportmarkt erzielen. Analog dem Konsumentenpreisindex bedeutet ein positiver Index gestiegene Preise und ein negativer Index gesunkene Preise. Auftragseingänge der Industrie (Industrial orders) Beispiel für diesen Index sind die "durable goods orders" - zu Deutsch "Auftragseingänge langlebiger Wirtschaftsgüter". Das sind Produkte mit einer Lebensdauer von mindestens drei Jahren wie Computer, Autos, etc. Der Index gibt den aggregierten Geldwert der Auftragseingänge pro Monat an, die Lieferung erfolgt typischerweise erst in der Zukunft. Konsumentenvertrauen (Consumers confidence) Zum Beispiel das Konsumentenvertrauen der Universität Michigan. Dieser Index gibt die Veränderung der Bereitschaft der Konsumenten wieder, (Konsum-) Güter zu kaufen. Der Index startete 1966 mit dem Wert 100, aktuell liegt das Vertrauen unter dem Niveau von 1966, beobachtet werden vor allem Veränderungen zur Vorperiode. Beschäftigung Beispiele sind etwa die in den USA wöchentlich veröffentlichte Zahl neu geschaffener Stellen, oder die Arbeitslosenrate (nach europäischer Methode die Zahl der registrierten Arbeitslosen geteilt durch das Arbeitskräftepotenzial). Mehr Beschäftigung lässt auf höheren Konsum und damit auf Wirtschaftswachstum und steigende Aktienkurse schließen. Leading indicators ("Sammelindikator" aus verschiedenen Vorlaufindikatoren) Der "Conference Board US Leading Economic Index" fasst mehrere Indikatoren in einem Sammelindex zusammen. Dieser besteht aus 10 Einzelkomponenten wie wöchentliche Arbeitszeiten, wöchentliche Arbeitslosenzahlen, Auftragseingänge, Baugenehmigungen, Aktienkurse, Credit-Spread und andere. Der Index besteht seit über 50 Jahren und wurde im Lauf der Zeit in seiner Zusammensetzung mehrmals angepasst. Lohnentwicklung Beispielsweise veröffentlicht das US-amerikanische "Bureau of Labor Statistics" monatlich die durchschnittliche Entwicklungsrate der Stundenlöhne aller Privatangestellten. Die Wachstumsrate gilt als Indiz für zukünftige Inflation und damit indirekt auf die Wirtschaftsentwicklung. Gewissen Rohstoffen wird ebenfalls eine Indikatorrolle zugeschrieben. Beispiele sind die Entwicklung von Gold (als Risikobarometer) oder von Kupfer (als häufig verwendetes Industriemetall), aber auch der breite Rohstoffindex des Commodity Research Bureau, der "CRB Futures Index" wird gerne zu Prognosezwecken herangezogen. In diesem Zusammenhang muss auch der "Baltic Dry Index" erwähnt werden: Der Index bildet die Frachtkosten für Schüttgut auf dem Seeweg ab und gilt daher als Gradmesser für die Intensität des Welthandels.

Nicht zuletzt gelten manchen Anlegern die Risikoprämien verschiedener Anleihensegmente als Indiz für die Entwicklung der Aktienmärkte. Beispielsweise erreichten europäische CDS ("Credit default Swaps", Kreditausfallsversicherungen, als Näherung für Risikoprämien) ihren bis Dato extremsten Wert im Dezember 2008, während die Aktienmärkte erst im März 2009 ihre Tiefststände markierten. Momentan sehen einige Anleger den Anstieg der Risikoprämien von Emerging-Markets-Anleihen als problematisch für die zukünftige Weltkonjunktur. Für Europa beziehungsweise Deutschland stellen wir zwei der bekanntesten Indikatoren näher dar: Den "ZEW-Index" und das "ifo Geschäftsklima". ZEW-Index Das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim befragt 350 Finanzmarktexperten zu ihrer Erwartung des Wirtschaftswachstums. Der Indikator ist (wie so oft) eine Differenz aus "Bullen" minus "Bären". Werte über 0 sind demnach "expansiv", Werte unter 0 sind "kontraktiv". Der ZEW gilt als Vorlaufindikator für den ifo - Index. ifo Index Der ifo-Geschäftsklima Index des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung an der Universität München wird errechnet aus einer Befragung von 7.000 Unternehmen aus den Bereichen Verarbeitendes Gewerbe, Groß- und Einzelhandel und Bauwirtschaft. Der Geschäftsklima-Index setzt sich aus der "aktuellen Geschäftslage" und den "Geschäftserwartungen" zusammen, der Referenzindex liegt bei 100. Das heißt Werte über 100 sind "expansiv", Werte unter 100 sind "kontraktiv". Der Tiefstwert lag Anfang 2009 unter 85, der Höchstwert im Jahr 2010 bei 114 Punkten. Glückstreffer 2009? Die Geschäftserwartungen konnten zum Jahreswechsel 2008/2009 den Tiefpunkt (März 2009) an den globalen Aktienmärkten gut vorhersagen. Berücksichtigen muss man jedenfalls, dass die Werte mit einem einmonatigen "Time-lag" veröffentlicht werden. Die Daten für Dezember 2008 standen also Ende Jänner 2009 (genau am 27.01.2009) zur Verfügung. Festhalten muss man auch, dass frühere Krisen (New-Economy-Krise, Russlandkrise, etc.) nicht erfolgreich vorhergesagt wurden.

Gelingt der Blick in die Zukunft? Die Idee ist an sich gut: Wissenschaftlich arbeiten, Experten beauftragen, Dinge die früh im Wirtschaftszyklus passieren analysieren, Ergebnisse objektivieren. Auch hat der Ansatz in der Vergangenheit einige Male funktioniert: Siehe das Beispiel des ifo-Geschäftsklimas im Jahr 2009. Dennoch ist die Aussage für eine Systematik zumindest fraglich, denn: Alle Marktteilnehmer kennen die Ergebnisse, da die Informationen für jedermann öffentlich zugänglich sind. Daher sind kurz nach Veröffentlichung alle kursrelevanten Daten auch in den Wertpapierkursen verarbeitet. Der Erklärungsgehalt mag hoch sein, den Prognosegehalt halten wir für sehr überschaubar. Liquidität verändert alles Diese Aussage gilt umso mehr, als Notenbanken die Märkte seit Jahren zügellos mit Liquidität fluten. Sie sorgen damit für künstlich viel zu niedrige Zinsen und wollen die Inflation zurück in den normalen Bereich bewegen (Europa) bzw. die Wirtschaft unterstützen (USA). Diese Niedrigzins-Politik gilt praktisch in der gesamten entwickelten Welt und sogar darüber hinaus für manche Schwellenländer. In diesem künstlichen Niedrigzinsumfeld suchen Anleger nach Alternativen, Risiko wird anders bewertet und eher akzeptiert als zuvor. Beispielsweise werden bei Anleihen - um der höheren Zinsen willen - mittlerweile oft schlechtere Schuldner oder längere Laufzeiten akzeptiert. Viele große Anleger haben auch fixe Verpflichtungen (Versicherungen einen Garantiezins, Pensionskassen einen Rechnungszins, etc.) die sie nur mit gewissen Mindest-Veranlagungsergebnissen erreichen können. Hunger nach Rendite Bei all dem Hunger nach Rendite tritt oft die Entwicklung der Realwirtschaft in den Hintergrund. In diesem Umfeld können die klassischen Indikatoren noch weniger erklären als in Phasen, in denen die Märkte sich selbst überlassen werden. Konzepte, die schon früher nur manchmal die Zukunft vorhersehen konnten, haben weiter an Aussagekraft verloren. Man könnte auch sagen: Selbst eine kaputte Uhr zeigt zweimal am Tag die richtige Uhrzeit an. Its the sentiment, stupid Nach unserer Erfahrung kann man die Finanzmärkte wesentlich besser anhand von Stimmungslagen beurteilen (siehe dazu auch Schoellerbank Analysebrief 277). Sind heute große Teile der Anlegerschar euphorisch, dann können wir erahnen, wohin die Märkte morgen oder übermorgen drehen. Sind immer mehr Anleger heute - überspitzt formuliert - in Erwartung des Weltuntergangs und rechnen daher mit kollabierenden Wirtschaftsdaten, so lässt sich ebenfalls erahnen, wie die Reise weitergeht. Die Welt ist bisher noch nie untergegangen.

Fazit: Keiner hat die Glaskugel Erzielt man mit Hilfe von Wirtschaftsindikatoren den Erfolg an der Börse? Anhand von "harten ökonomischen Faktoren" die Zukunft zu prognostizieren, das funktioniert als Anlagestrategie nicht dauerhaft. Das zeigt auch historisch die sehr niedrige Eintrittswahrscheinlichkeit des Konsensus (Mittelwert aller abgegebenen Ökonomen-Schätzung). Oder anders gesagt: Keiner hat die Glaskugel. Und sollte entgegen jeder Logik doch jemand die Glaskugel haben, so stellt er sein Wissen gewiss nicht der Allgemeinheit zur Verfügung. Die Experten der Schoellerbank verfolgen einen klaren und disziplinierten Investmentprozess. Sie analysieren und bewerten dabei die infrage kommenden Investments anhand der hauseigenen Anlagegrundsätze und Qualitätskriterien, z. B. im Rahmen des Schoellerbank Aktien- und AnleihenRating.

Autor: Mag. Felix Düregger, CPM Direktor Asset Management Schoellerbank AG Tel. +43/662/86 84-2678 Rückfragen bitte auch an: Marcus Hirschvogl, BA Pressesprecher Schoellerbank AG Tel. +43/1/534 71-2950 1010 Wien, Renngasse 3

Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs, die als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage gilt. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Vorsorgemanagement. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto "Investieren statt Spekulieren". Die Schoellerbank ist mit 12 Standorten und 315 Mitarbeitern die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für private und institutionelle Anleger ein Vermögen von mehr als 10 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria. Mehr Informationen unter: www.schoellerbank.at.

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