Banken im Stress? - Schoellerbank Analysebrief Nr. 300, August 2016

  • Die meisten Banken in der Euro-Zone erfüllen mittlerweile die hohen Anforderungen der Behörden an deren Eigenkapitalausstattung
  • Die deutlich verbesserte Kapitalausstattung der Finanzinstitute hat dazu geführt, dass sie mittlerweile krisenfester geworden sind
  • Hohe Kosten, die dem Bankenapparat in einigen Ländern, wie z. B. auch in Österreich auferlegt worden sind, führen zu beachtlichen Abgaben und enorm erhöhten administrativen Aufwänden
  • Die europäischen Finanzinstitute werden dadurch im Akquirieren von günstigem Eigenkapital weit hinter ihre amerikanischen Wettbewerber zurückgeworfen
  • Geschäftsmöglichkeiten für Banken sind durch Regularien stark eingeschränkt, z. B. bei Darlehen für Unternehmensgründer

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Schoellerbank Analysebrief Nr. 300291 KB

Der jüngste Bankenstresstest hat gezeigt, dass die Banken in Europa krisenresistenter geworden sind. Die umfangreichen Neuerungen seit der Finanzkrise haben die Institute jedoch in eine schwierige Ertragslage gezwungen. Die vielen neuen Anforderungen schränken die Geschäftsmöglichkeiten der Banken ein. Vor allem Kredite, die mit höheren Risiken einhergehen, wie z. B. Darlehen für Unternehmensgründer, dürften immer schwerer zu bekommen sein. Auch sind die hohen Arbeitsplatzverluste der Bankenindustrie in Europa in einer volkswirtschaftlich relevanten Größenordnung. In vielen europäischen Ländern müssen die Banken – neben der normalen Steuerbelastung – hohe zusätzliche Abgaben an die Staatshaushalte liefern. Die zum Teil beachtlichen hausgemachten Verluste des Finanzsektors machen sich am Aktienmarkt bemerkbar. Das geht mit einem Wohlstandsverlust, nicht nur für die Aktionäre, einher. Wozu der ganze Stress? Die große Rezession ab 2008 hatte mit einer "normalen" Rezession wenig zu tun. Die Nachwehen dieser Krise spüren Bankaktionäre bis heute. An der Börse ist die sehr negative Entwicklung der Banken augenscheinlich. Während sich andere Sektoren seither zum Teil blendend entwickelten, haben sich die Behörden dazu entschlossen, die Kosten der Finanzkrise hauptsächlich den Eigentümern der Banken und teilweise auch den Versicherern aufzubürden. Das hat weitreichende Konsequenzen. Es hat eine regelrechte Kostenexplosion, sowohl auf Seiten der Aufsichtsbehörden als auch auf Seiten der Finanzinstitute in der EU, gegeben. Für die Bereiche Aufsicht und Risikokontrolle wurden hohe Mitarbeiterkapazitäten aufgebaut. Nicht nur die Kosten liegen den Instituten schwer im Magen, denn die europäischen Finanzbehörden haben auch die Geschäftsmöglichkeiten der Institute durch neue Vorgaben erheblich eingeschränkt. Wie in nachstehender Grafik ersichtlich ist, reagierten die Märkte darauf schnell und umfassend.

EuroStoxx-Bankenindex

Quelle: Reuters. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Entwicklung.

Die Eigentümer (Aktionäre) der Banken haben, gemessen am EuroStoxx-Bankenindex, seit der Finanzkrise einen Verlust von über 80% hinnehmen müssen. Derartig hohe Verluste über einen solch langen Zeitraum sind auf Sektorenebene sehr ungewöhnlich. Auch in den USA hat die Krise tiefe Spuren hinterlassen. Dort ist man mit der Situation jedoch ganz anders umgegangen und hat das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet. Die Aktionäre der Banken über dem großen Teich sitzen laut US-Bankenindex KBW "nur" noch auf relativ geringen Verlusten im Vergleich zu den Vorkrisenkursniveaus (siehe nachstehende Grafik).

US-Bankenindex KBW

Quelle: Reuters. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Entwicklung.

Die außerbörslichen Folgen Die europäischen Finanzbehörden haben damit Europas Bankenapparat im globalen Vergleich in die zweite und dritte Reihe katapultiert. Viele Institute müssen sich aus dem Ausland zurückziehen und spielen international kaum mehr eine gewichtige Rolle. Das hat viele Arbeitsplätze gekostet. Die Managementberatung "Bain" geht davon aus, dass z. B. Deutschlands Banken die Möglichkeiten besitzen, ihre derzeitige Kostenbasis um rund 30% und damit um 25 Milliarden Euro zu senken. Dies erfordert unter anderem den Abbau von 11.000 Filialen und 125.000 Arbeitsplätzen. Bis zu 115.000 weitere Arbeitsplätze können nach Bain-Einschätzung an Dienstleister wie Servicegesellschaften ausgelagert werden. In Österreich sieht es ähnlich aus: Es ist nicht unrealistisch, dass der heimische Bankensektor in den nächsten Jahren um ein Drittel weniger Jobs zu bieten haben wird – das sind rund 25.000 Arbeitsplätze, sagte Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), letztes Jahr. Österreich hatte 2008 noch über 80.000 Bankjobs, Ende 2014 waren es 75.714 und jetzt seien es laut OeNB wohl noch einmal um 1.000 weniger. Die Tendenz ist weiter sinkend. Haben diese Folgen sowie der internationale Bedeutungsverlust einen positiven Nutzen für die Gesellschaft erbracht? Die Antwort ist nicht eindeutig: Die Banken haben ihre Eigenmittel seit der Finanzkrise im Schnitt deutlich erhöht, das stärkt ihre Resistenz gegen Krisen. Eine sehr positive Auswirkung. Ob jedoch auch die immensen Regulierungen, die seit der Finanzkrise eingeführt wurden, die Krisenfestigkeit der Banken erhöht hat, ist mehr als fraglich. Die Deutsche Bundesbank hat im Herbst 2015, gemeinsam mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die Gewinn- und Verlustrechnungen deutscher Banken untersucht. Die Institute rechneten damit, dass sie bei unveränderten Zinsen in den kommenden vier Jahren 25% ihrer Ertragskraft verlieren. Nun sind die Zinsen weiter gefallen. Das zeigt, dass noch keine Entspannung in Sicht ist. Die Gesamtbelastung aus Negativzinsen und Regulierungen ist enorm hoch. Der Stresstest Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority, kurz: EBA) hat jüngst einen Stresstest für Banken abgehalten. Dabei wurden 51 Institute einem Bilanzcheck unterzogen. Die EBA zog ein vorsichtiges Fazit: Die Geldhäuser hätten ihre Kapitalpolster in den vergangenen Jahren gestärkt, seien aber noch nicht völlig gesund, sagte EBA-Chef Andrea Enria. Die Europäische Zentralbank (EZB), die zwei Drittel der Teilnehmer beaufsichtigt, zeigte sich zufriedener. "Der Bankensektor ist heute widerstandsfähiger und kann viel besser wirtschaftliche Schocks absorbieren als vor zwei Jahren", erklärte die oberste EZB-Bankenaufseherin Danièle Nouy. Auch für das größte Sorgenkind wurde in letzter Minute eine Lösung gefunden. Die drittgrößte italienische Bank, Monte dei Paschi di Siena, legte einen Rettungsplan vor, mit dem sie nicht nur alle Kredite ohne Aussicht auf Rückzahlung an einen Bankenrettungsfonds abgeben will, sondern auch weitere fünf Milliarden Euro frisches Kapital bekommen soll. Der Stresstest enthüllte, dass eine Krise das Kapital der ältesten Bank der Welt wegen der Milliardenlast an faulen Krediten restlos ausradieren würde. Das Institut war schon 2014 auf dem letzten Platz gelandet.

Besonders wichtig: Die Höhe der Eigenmittel In vielen Ländern hat man auf die große Depression in den 1930er-Jahren mit der Einführung von Eigenkapitalrichtlinien für Banken reagiert. Diese wurden im Zeitablauf natürlich immer wieder etwas abgeändert. Im Gegensatz zur Industrie gelten für Banken wegen ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung besondere Eigenmittel-Regeln. Dabei geht es um folgende Fragen: Wie hoch müssen die Eigenmittel der Banken sein? Von welcher Qualität müssen diese sein? Und welche Vermögenspositionen (Aktiva), das sind bei Banken vorwiegend Kredite, müssen wie hoch mit Eigenkapital unterlegt werden? Die aktuelle Entwicklung in der Bankenlandschaft wird äußerst kontrovers diskutiert. In Europa hat die Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten, mit Hilfe der Bankfinanzierungen, eine enorm hohe Verschuldung im Vergleich zur gesamten Wirtschaftsleistung aufgebaut. Das hatte große Vorteile: Diese Schulden haben zu einem erheblichen Teil das Wachstum und den Wohlstand der Menschen gefördert. Allerdings haben diese Schulden auch einen Nachteil, sie haben bedenklich hohe Niveaus erreicht und müssen auch wieder auf die eine oder andere Art zurückbezahlt werden.

Gesamtverschuldung in der Euro-Zone in Euro und im Vergleich mit dem BIP (in %)

Quelle: Ned Davis. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Entwicklung.

Wie man in der Grafik erkennen kann, hat die Verschuldung aller Sektoren (Staaten und private Verschuldung) mittlerweile ein Niveau von knapp EUR 50 Billionen oder ca. 460% des BIP erreicht. Diese enormen Kredite sind überhaupt nur noch durch sehr tiefe Zinsen auf Dauer bedienbar. Durch neue Eigenmittelvorschriften wollen die Behörden nun erreichen, dass die Banken faktisch weniger Kredite ausgeben können. Das hat viele Vorteile: Die Verschuldung dürfte zumindest nicht mehr so schnell anwachsen, auch die Banken werden dadurch noch gesünder. Aber auch viele gewichtige Nachteile: Es tritt ein massiver Wohlstandsverlust für die Bevölkerung ein und die Banken verlieren Geschäftsmöglichkeiten. Um welche Maßnahmen geht es? Das neue Regelwerk des Basler Ausschusses der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ, auch Zentralbank der Zentralbanken genannt) zur Regulierung von Banken wird Basel III genannt. Seit 2013 löst Basel III schrittweise die Basel II genannten Vorläuferregeln ab. Die Eigenmittel setzen sich neu, aus hartem bzw. zusätzlichem Kernkapital und Ergänzungskapital, zusammen. Die bisher gebräuchliche Unterscheidung zwischen Ergänzungskapital höherer Qualität und Ergänzungskapital niedrigerer Qualität wird abgeschafft. Die qualitativen Kriterien für die Eigenmittel werden deutlich verschärft, was es den Banken zusätzlich erschwert an Eigenmittel zu gelangen. Folgende Mindesterfordernisse ergeben sich aus Basel III (Kapitalkomponenten als Prozentsatz der risikogewichteten Aktiva):

  • 4,5% hartes Kernkapital
  • 6% Kernkapital (hartes Kernkapital + zusätzliches Kernkapital)
  • 8% Gesamtkapital (Kernkapital + Ergänzungskapital)

Um die Änderungen schrittweise einzuführen gibt es Übergangsbestimmungen, welche zum Teil bis Ende 2023 anwendbar sind. Unter risikogewichteter Aktiva (RWA) ist vereinfacht zu verstehen, dass bestimmte Aktivpositionen mit unterschiedlich hohem Eigenkapital-Einsatz unterlegt werden müssen. Es ist schließlich ein Unterschied, ob eine Bank einen gut besicherten Immobilienkredit, oder einen unbesicherten einfachen Kredit vergibt. Ein unbesicherter Kredit muss mit mehr Eigenmittel hinterlegt werden und ist damit teuer. Die Schoellerbank ist, als Privatbank die sich auf die Vermögensverwaltung spezialisiert hat, diesbezüglich in einer vorzüglichen Situation. Das Kernkapital überfüllt die Vorgaben von derzeit 8% mit 57,06% (per 31.03.2016) bei weitem. Mögliche neue Vorgaben – zusätzlicher Stress Viel schwieriger und weitreichender wäre für viele Banken die Umsetzung einer neuen Vorgabe. Es wird derzeit nämlich über die Einführung einer zusätzlichen Anforderung in Form einer Mindesthöhe der Verschuldungsquote (sog. Leverage Ratio) diskutiert. Die Leverage Ratio stellt das Verhältnis des Kernkapitals und der Summe aus bilanziellen und außerbilanziellen Forderungspositionen (Aktivseite der Bilanz) dar. Zurzeit ist die Leverage Ratio den Aufsichtsbehörden zu melden. Schon Ende 2016 soll ein entsprechender Gesetzesvorschlag zur Einführung als Mindesterfordernis von der Europäischen Kommission vorgelegt werden. Das würde die Geschäftsmöglichkeiten der Banken enorm einschränken. Eine Ausweitung der Kredite wäre nur noch durch mehr Eigenmittel möglich. Allerdings sind Eigenmittel für Banken nach der desaströsen Aktienentwicklung nur sehr schwer zugänglich. Sollte eine solche Verschuldungsquote tatsächlich eingeführt werden, würde dies die Wachstumsaussichten für Europa stark eintrüben, auf der anderen Seite aber auch die Finanzstabilität erhöhen. Guter Rat ist, angesichts der Verschuldungssituation der Gesellschaft in Europa, teuer. Fazit: Die meisten Banken in der Euro-Zone erfüllen mittlerweile die hohen Anforderungen der Behörden an deren Eigenkapitalausstattung. Die Entwicklung des EuroStoxx-Bankenindex, der über 80% unter seinem Vorkrisenniveau von 2008 liegt, deutet jedoch darauf hin, dass die Ertragslage der Finanzinstitute – ganz im Gegensatz zu den USA – diesseits des Atlantiks noch optimierbar ist. Die hohen Kosten, die dem Bankenapparat in einigen Ländern, wie z. B. auch in Österreich auferlegt worden sind, gliedern sich in direkte Abgaben und in enorm erhöhte administrative Aufwände. Dadurch werden die europäischen Finanzinstitute im Akquirieren von günstigem Eigenkapital weit hinter ihre amerikanischen Wettbewerber zurückgeworfen. Auf der anderen Seite hat die mittlerweile deutlich verbesserte Kapitalausstattung der Finanzinstitute auf der Habenseite dazu geführt, dass sie inzwischen krisenfester geworden sind.

Autoren: Christian Fegg Schoellerbank Invest AG Vorstand Tel.: +43/662/885511-2670 Rückfragen bitte auch an: Marcus Hirschvogl, BA Pressesprecher Schoellerbank AG Tel. +43/1/534 71-2950 1010 Wien, Renngasse 3 marcus.hirschvogl@schoellerbank.at

Die Schoellerbank, gegründet 1833, ist eine der führenden Privatbanken Österreichs, die als Spezialist für anspruchsvolle Vermögensanlage gilt. Sie konzentriert sich auf die Kernkompetenzen Vermögensanlageberatung, Vermögensverwaltung und Vorsorgemanagement. Ihre Anlagephilosophie definiert sich über das Motto "Investieren statt Spekulieren". Die Schoellerbank ist mit 10 Standorten und 317 Mitarbeitern die einzige österreichweit vertretene Privatbank. Sie verwaltet für private und institutionelle Anleger ein Vermögen von mehr als 10 Milliarden Euro. Die Schoellerbank ist eine 100%ige Tochter der UniCredit Bank Austria.
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